L-6 You will be the death of me
Ich brauchte ein paar Sekunden, um überhaupt zu realisieren, was da gerade passierte. Mit mir. Mit Bella. Mit uns. War ich im ersten Moment noch starr vor Schreck gewesen, passierte daraufhin etwas, was ich nie für möglich gehalten hatte.
Ich genoss das Gefühl ihrer weichen Lippen auf meinen.
Was völlig verrückt war und natürlich total gegen jegliche Vernunft ging, aber ich konnte es einfach nicht abstellen. Sobald Bella in meiner Nähe war, schien sich meine sämtliche Tugend zu verabschieden und ein Teil von mir die Kontrolle über meinen Körper zu übernehmen, welchen ich nicht willentlich steuern konnte. Es war, als würde ich neben mir stehen und dabei zusehen, was da dann mit mir passierte. Als wäre es nicht wirklich ich, der da agierte.
Und dennoch spürte ich die Zartheit ihrer Lippen, schmeckte ich ihre Süße, die nicht einmal vom Geschmack der Zigarette übertüncht wurde. Fühlte ich die Wärme, die von ihr ausging und schmiegte ich mich in ihre Hand, die sie mir auf die Wange gelegte hatte.
Ich war verloren. Komplett verloren. Und wusste nicht, was ich dagegen tun konnte. Oder ob ich überhaupt etwas dagegen tun konnte. Oder wollte.
Als sie dann auch noch begann, ihre Lippen sanft auf meinen zu bewegen, war es völlig um mich geschehen. Ich gab mich ihr vollkommen hin. Unwillkürlich stöhnte ich leise auf und öffnete dabei meine Lippen ein Stück weit. Sofort strömte mir ihr heißer Atem in den Mund, schmeckte ich Rauch und irgendetwas Süßes, Fruchtiges, was meine Sinne zu benebeln schien.
Ihre Zunge liebkoste zärtlich meine und fast automatisch reagierte ich darauf, auch wenn mir diese Art zu küssen, vollkommen fremd war. Victoria meinte zu diesem Thema immer, sie wolle nicht meinen Speichel in ihrem Mund haben und deshalb beschränkten wir uns immer auf Küssen ohne Zunge.
Victoria!
Was... was tat ich hier?
Erschreckt spürte ich Bellas Hände, die leicht über mein Gesicht strichen, sich in meinen Haaren vergruben. Abrupt öffnete ich die Augen und sah Bellas Gesicht nun ganz dicht vor mir, konnte ihre Wimpern sehen, die lange Schatten auf ihre Wangen warfen.
Sie war... einfach wunderschön. Selbst so aus der Nähe betrachtet. Sie war zwar geschminkt, aber das sehr dezent und nur im Bereich der Augen. Ihr Gesicht war nicht so zugekleistert mit tonnenweise Make up, was die Haut meist völlig künstlich aussehen ließ. Im Gegenteil, selbst in dem schwachen Licht der kleinen Hof Lampe, konnte ich die Sommersprossen auf ihrer Nase noch erkennen. Und die kleine Narbe an ihrer Schläfe.
Mein Herz schlug aufgeregt in meiner Brust. Und obwohl ich WUSSTE, dass es völlig falsch war, was ich hier tat, dass ich meine Frau, meine Familie und mein ganzes bisheriges Leben betrog... konnte ich einfach nicht damit aufhören. Bellas Anwesenheit war wie ein Strudel, der mich tiefer und tiefer zog, sobald er mich voll erwischt hatte.
Das Gefühl, sie so nah zu spüren... war einfach... unbeschreiblich. Es erfüllte mich mit einem solch inneren Frieden, mit einer Zufriedenheit, die ich so noch nie vorher gespürt hatte. Ich wusste nicht, wieso ich das gerade in diesem Moment fühlte, denn eigentlich sollte ich so etwas zu Hause, mit meiner Frau, meiner Familie oder in der Nähe meines Gottes spüren. Aber so gut hatte ich mich bisher nicht mal ansatzweise dabei gefühlt. Sich dem Himmel so nah fühlen, hatte endlich bisher eine andere Bedeutung für mich gehabt.
Sicher, ich hatte bisher nie etwas vermisst. Aber irgendwie kam mir das alles gerade sehr hohl und unecht vor. Ich dachte immer, das was ich hätte, wäre perfekt. Dass ich alles erreicht hatte, was mir mein Leben anbot. Die perfekte Frau, die mich umsorgte. Eine Familie, die immer für mich da war. Ein Glaube, der mich festigte. Aber dies alles kam gerade mächtig ins Wanken.
Bella schaffte es, mein gesamtes Weltbild mit einem einzigen Kuss völlig durcheinander zu wirbeln.
Aber wollte ich das auch? Tief in mir drin gab es da diese eine Stimme, die mich zur Vernunft aufrief. Die mir vorhielt, was ich damit zerstören konnte. Denn ich mochte mein Leben, so wie es bisher war. Es war ausgefüllt... erfüllt...dachte ich jedenfalls. Und dennoch fühlte ich mich so eigenartig in diesem Moment. So, als würde alles ins Lot kommen, gerade gerückt werden. Und es fühlte sich eigenartiger Weise so... richtig an. Es war, als würde sich mein komplettes Denken verabschieden, mein Gehirn einer Radikalkur unterzogen und neu kalibriert werden.
Es war einfach nicht normal, was hier passierte und es unterschied sich komplett von allem, was ich bisher erlebt hatte.
Und … es war falsch.
Es war eine Sünde.
Diese Erkenntnis traf mich wie ein Schlag in den Magen und das Kreuz an meinen Hals schien mit einem Mal förmlich auf meiner Haut zu brennen. Mit einem Mal blickte ich wieder klar. Unsanft schob ich Bella von mir. Sie fiel dabei fast vom dem Palettenstapel, auf dem wir gesessen hatten. Ruckartig und ohne jede Erklärung stand ich auf, und stürmte zurück ins Gebäude. Als ich aus dem Flur in den Clubbereich kam, rannte ich dabei fast Emmett um.
„Hey Mann, wohin so eilig…?“, er hielt mich am Arm fest, „…alles klar bei dir?“
„Ich...äh, denke ja, aber ich muss weg“, stammelte ich und er nickte nur. „Ist okay, ist eh bald Schluss. Geh aber durch den Lieferanteneingang, da sieht dich James nicht.“
Dankbar lächelte ich ihn an, ehe ich mich durch die Tanzenden hindurch schlängelte und meinen Weg nach draußen eilig weiter fortsetzte.
Ich stoppte nicht einmal, als die Tür hinter mir ins Schloss fiel, sondern rannte immer weiter. Geradewegs auf den einzigen Ort zu, der mir jetzt meine Ruhe und die gewohnte Sicherheit wieder geben konnte. Auch wenn ich kaum Hoffnung hatte, dass die Kirche jetzt noch geöffnet haben dürfte, denn es war bereits weit nach Mitternacht. Aber vielleicht würde es ja auch ausreichen, dort vor der Tür in ein tiefes Gebet zu versinken. Ich setzte einfach all meine Hoffnung darauf, dass ich dadurch dort wieder zu Verstand kommen würde.
Denn es war einfach nicht normal, wie ich mich hier und jetzt verhielt. Dass ich mich so gehen ließ. In meinem Umfeld galt ich immer als ruhig und besonnen. Sicherlich auch als sturer Paragraphenreiter, der nie einen Fehler machte oder sich irgendwie daneben benahm. Ich war eben bisher immer Herr der Lage gewesen. Selbst bei den übelsten Verhören, und ich hatte schon schlimme Gesellen vor mir auf dem Stuhl gehabt, war ich immer professionell und emotionslos geblieben.
Aber hier war alles komplett anders. Und es konnte auch nicht daran liegen, dass ich auf mich allein gestellt war. Das war ich bei meinen Verhören auch, da ich nicht so auf die „guter Cop – schlechter Cop“ Masche stand. Deshalb arbeitete ich auch bevorzugt allein. Aber sollte tatsächlich einzig und allein Bella der Grund für mein abnormales Verhalten sein? Und wenn ja, warum hatte sie dann so viel Macht über mich?
Und wieso hatte ich das Gefühl, dass sie das auch wusste? Warum hatte sie mich aber dann direkt geküsst? Ich hatte ihr doch noch nicht einmal irgendwelches Interesse an ihrer Person bekundet. Jedenfalls nicht offiziell. Oder deutete sie die Reaktionen meines Körpers, der ja nun mal in ihrer Nähe völlig aus der Bahn lief, einfach falsch? Dachte sie vielleicht, dass ich mit ihr schlafen wolle?
Oh Herr...nein…
Die Gedanken in meinem Kopf drehten sich nur so im Kreis. Dabei musste ich es endlich schaffen, mich wieder auf mich selbst zu fokussieren. Auf meinen Job hier. Der schließlich wichtig und gefährlich war. Musste mich aus diesem ’Zauber’, den Bella auf mich, oder besser gesagt, auf meinen Körper ausübte, lösen. Ich war schließlich ein glücklich verheirateter Mann, der eine völlig fremde Frau geküsst hatte. Und dann noch in einer Art und Weise, in der ich mich nicht mal meiner eignen, vor Gott angetrauten Ehefrau näherte.
Wie also sollte ich DAS vor Gott rechtfertigen? Er würde mit Sicherheit wütend auf mich sein, obwohl es doch eigentlich seine Wege gewesen waren, die mich genau hierher gelenkt hatten. Aber ich fühlte mich, als ob ich durch eine Prüfung gefallen wäre. Was, wenn das hier Gottes Prüfung gewesen war, um zu testen, ob ich fest genug im Glauben wäre, damit er uns endlich das Wunder der Geburt schenken konnte? Nicht umsonst bemühten Victoria und ich uns bereits seit Jahren vergeblich, ein Kind zu zeugen und das musste doch schließlich eine Ursache haben. Hatte ich jetzt vielleicht mit diesem Ausrutscher unsere einzige Chance verspielt? Hatte ich mich vielleicht nicht würdig genug erwiesen, mich fortpflanzen zu dürfen? Das würde meine Eltern tief beschämen.
Endlich bog ich um die letzte Ecke. In ein paar Minuten würde ich da sein.
Zu meiner Verwunderung sah ich schon von weitem einen Lichtschein im Gotteshaus.
War da etwas passiert? Oder wurde eine Mitternachtsmesse abgehalten? Oder warum war noch jemand da?
Vor dem Eingang stoppte ich kurz, um mich zu sammeln. Nach einigen tiefen Atemzügen trat ich durch die schwere Tür.
Ich benetzte meine Hände mit Weihwasser und bekreuzigte mich, bevor ich langsamen Schrittes in Richtung Altar lief.
Die Kirche war gespenstisch leer, aber was hatte ich um diese Uhrzeit schon erwartet? Eigentlich ja eher, dass sie geschlossen war.
Ich nahm in einer der mittleren Reihen Platz und legte den Kopf auf meine gefalteten Hände. Versuche, ein wenigstens halbwegs gelungenes Bittgebet an meinen Herrn zu richten. Aber ich bekam die richtigen Worte nicht zusammen.
Denn, Herr im Himmel, was hatte ich nur getan? Wie hatte es nur dazu kommen können? Was ich getan hatte, konnte locker als Ehebruch ausgelegt werden. Warum hatte ich sie nur nicht gestoppt, sondern, im Gegenteil, es sogar noch genossen? Wie sollte ich jemals meiner Frau gegenüber treten? Ich müsste es ihr irgendwann beichten, das gebot mir einfach meine Ehre. Aber würde sie es verstehen? Würde sie mir verzeihen können?
Beichten... ja, das war ein gutes Stichwort. Für diesen Sündenfall war es sicherlich unumgänglich, eine umfassende Beichte abzulegen. Ich musste dafür einfach büßen, so etwas durfte einfach nicht ungesühnt bleiben.
Vorsichtig hob ich den Kopf und sah mich um. Ob sich Pater Banner hier noch irgendwo aufhielt?
Als hätte er meine Gedanken gehört, kam er einen Augenblick später um die Ecke, eine große Vase mit weißen Lilien in der Hand, die er neben den Altar auf dem Boden abstellte.
„Junger Freund“, begrüßte er mich lächelnd, „zu so später Stunde noch hier? Müssten Sie nicht eigentlich gerade arbeiten? Ich habe die Musik des Clubs doch eben noch bis hierher gehört.“
„Guten Abend, ehrwürdiger Vater“, erwiderte ich seinen Gruß und senkte kurz den Blick. „Ja... eigentlich müsste ich jetzt arbeiten... aber...“, ich beendete den Satz nicht.
„Ist etwas passiert?“, fragte der Pater besorgt und legte seine Hand auf meinen Arm. „Sie sehen so blass aus.“
„Ich... ich...könnten Sie mir bitte die Beichte abnehmen?“
„Schon wieder?“, entgegnete er überrascht. „So viel können Sie unmöglich in so kurzer Zeit gesündigt haben. Da müsste ich mich schon sehr in ihnen irren. Ist es nicht vielleicht nur etwas, was man mit einem Gespräch unter vier Augen aus der Welt schaffen könnte?“
Kurz schüttelte ich den Kopf. „Nein, bitte, Pater“, flehentlich sah ich ihn an, aber er blieb unnachgiebig und setzte sich einfach neben mich auf die Bank.
„Schauen sie, junger Freund. Es ist niemand hier und es wird auch niemand mehr kommen. Folglich spricht nichts dagegen, dass wir uns hier einfach ein wenig unterhalten. Und wenn es wirklich notwendig sein sollte, erteile ich Ihnen auch hier und jetzt die Absolution. Ich glaube ihm“, er deutete auf das Kreuz über dem Altar, „ist es sicherlich egal, ob das hier, oder zehn Meter weiter links passiert. Solange die Buße von Herzen kommt und man aufrichtig bereut, ist der Ort vollkommen nebensächlich. In meiner Missionarszeit habe ich ganze Messen mitten im Urwald abgehalten und als Beichtstuhl diente ein kleiner, durch Palmenwedel abgetrennter Bereich.“
Pater Banner verlor sich für ein paar Minuten in Beschreibungen der kleinen Mission, die er für ein paar Jahre, mitten im Busch, geleitet hatte. Es war schön ihm zuzuhören, denn man merkte förmlich die Begeisterung hinter seinen Worten. Er liebte sein Leben und seinen Glauben. Auch, wenn er so ganz anders war als die Pater, die ich aus meiner Kirchengemeinde her kannte. Irgendwie...ich wusste nicht, wie ich es beschreiben sollte, war er lebendiger, nicht so festgefahren in seinen Ansichten zum Thema Glauben. Was mir gut gefiel, obwohl ich ganz anders aufgewachsen war.
Pater Banner hatte eine Ausstrahlung, die die Menschen einfach anzog. Er hatte Charisma. Ich konnte mir gut vorstellen, wie er seine Gemeinde in seinen Bann gezogen hatte. Er lebte einfach seinen Glauben, war aber trotzdem dabei sehr aufgeschlossen. Noch nie hatte ich jemanden wie ihn erlebt, der so lebendig war. Die Pater, die ich kannte waren alles ältere, gediegene Herren, die strikt nach Vorschrift agierten und total weltfremd waren. Da hätte es so etwas wie eine Beichte außerhalb des Beichtstuhles, nicht gegeben.
Aber da wäre die Kirche um diese Uhrzeit sowieso verschlossen gewesen und ich hätte höchstens vor der Tür ein Gebet sprechen können.
Ich lächelte unwillkürlich vor mich hin, denn ich war mir sicher, dass er mir nur von seiner Vergangenheit erzählte, um mich ein wenig aufzulockern. Er schien ein wirklich gutes Gespür dafür zu haben, was in den Menschen vor sich ging. Und von Mal zu Mal wurde er mir sympathischer. Ehrlich gesagt, war er mir im Moment lieber, als jeder andere.
„Aber nun zurück zu ihnen, junger Freund“, unterbrach er plötzlich seinen Redeschwall und legte seine Hand kurz auf mein Knie. „Was bedrückt sie so? Wieder eine Konfrontation mit der hinreißenden Isabella?“
Ich spürte förmlich, wie mir die Röte in die Wangen schoss. Ertappt blickte ich ihn an. „Wie... warum... Woher wissen sie das?“
„Intuition“, erwiderte er lächelnd, „Sie sehen einfach nicht so aus, als könnte Sie etwas anderes sonst so mitnehmen. Sie mögen Isabella, das habe ich schon beim letzten Mal bemerkt. Und Sie machen sich große Sorgen, wie sich das mit ihrem Ehegelübde vereinbaren lässt.“
Ich war baff! War das alles so offensichtlich? Dabei war ich mir ja selber nicht einmal sicher, was ich genau für Bella empfand, oder ob ich überhaupt etwas für sie empfand. Aber so, wie er es sagte, klang es irgendwie plausibel. Und sicher hatte er auch Recht. Da Bella seit unserem ersten Treffen mein Denken förmlich beherrschte, musste ich sie ja irgendwie auch mögen. Von der starken, körperlichen Anziehungskraft mal abgesehen. Sie sympathisch zu finden, wäre ja auch vertretbar, in gewisser Weise, und sogar vor meiner Frau, denn daran war an sich nichts Falsches.
Ich mochte ja schließlich auch Alice und Rosalie. Nur fiel bei ihnen der andere Part weg.
Seufzend spielte ich einen Moment am Saum meines Shirts, ehe ich antwortete. „Es... es ist etwas zwischen uns geschehen, ich...ich habe meine Frau betrogen.“
„Oh! Sie haben mit Isabella geschlafen?“, er wirkte ein wenig verwundert, aber nicht geschockt.
„Oh Gott, NEIN“, entgegnete ich schnell und deutlich. „Nein, so war das nicht gemeint. Das könnte ich nie. Aber…ähm…sie... sie hat mich geküsst.“
„Nur geküsst?“, der Pater zog fragend eine Augenbraue hoch. „Und was haben sie getan?“
„Ich habe sie zurück geküsst…“, erwiderte ich leise betreten. In meinem Kopf wirbelten sofort wieder die Erinnerungen daran, spürte ich wieder ihre zarten Lippen, schmeckte ihre Süße.
„Zurück geküsst also, mhmmm“, kam es von meinem Gegenüber nachdenklich.
„So richtig“, setzte ich kleinlaut fort und spürte, wie Schamesröte mein komplettes Gesicht heiß überzog. „Mit Zunge, so richtig eben... wissen sie, das mache ich nicht einmal bei meiner Frau. Sie mag das einfach nicht, also nicht, dass wir es überhaupt erst ausprobiert hätten. Aber bei Bella, ich weiß auch nicht, was da mit mir los war, ich konnte es einfach nicht stoppen. Sie ist wie ein Tsunami, der mich überrollt hat und nicht mehr los lässt! Es war unheimlich schwer damit aufzuhören. Es fühlte sich einfach so richtig an, wissen sie?“, stammelte ich hilfesuchend einfach drauflos. Jetzt würde sicherlich das erwartete Donnerwetter erfolgen.
Aber Pater Banner lächelte nur milde und verständnisvoll, obwohl er ja eigentlich mit solch intimen Sachen nun gar keine Erfahrung haben dürfte. Oder doch?
„Lieben Sie ihre Frau, Edward?“, fragte er mich plötzlich.
„Meine Frau? Lieben?“, antwortete ich verwirrt. Was war denn das jetzt für ein abrupter Themenwechsel? „Äh, sicher, ich respektiere sie und wir führen eine gute, gottesfürchtige Ehe...und…“
„Das beantwortet nicht meine Frage“, unterbrach er meine Ausführungen. „Ich habe Sie gefragt, ob sie ihre Ehefrau LIEBEN. Hatten sie je Schmetterlinge im Bauch, wenn Sie an sie dachten? Oder fühlen sie im Moment eine unheimliche Leere ohne sie? So, als würde ein Teil ihrer selbst fehlen?“
Ich schüttelte langsam den Kopf. Worauf wollte er hinaus?
„Ok, aber es muss doch einen Grund gegeben haben, dass sie beide geheiratet haben? Sie müssen sich doch verliebt haben, sie umworben haben...“, jetzt war er sichtlich verwirrt.
„Ja, den gab es auch. Einen wirklich guten sogar: Meine Eltern haben sie für mich ausgesucht“, unterbrach ich ihn schnell.
„Ihre Eltern?“, jetzt sah er wirklich geschockt aus. „Allmächtiger! Ich hätte nicht gedacht, dass es so etwas heute noch gibt.“ Er schüttelte den Kopf und murmelte einige unverständliche Sachen. „Dann ist mir klar, was gerade mit Ihnen passiert…“
Erwartungsvoll sah ich ihn an. Es war klar? Gut, dann war ich gespannt auf seine Erklärung. Denn mir war es überhaupt nicht klar. Im Gegenteil, es wurde immer undurchsichtiger.
„Sie sind dabei, vermutlich das erste Mal in ihrem Leben, sich Hals über Kopf zu verlieben“, ließ er die Bombe platzen und sah mich ebenfalls erwartungsvoll an.
„Mich verlieben?“, entfuhr es mir entgeistert, „In Bella? Oh mein Gott, NEIN!
Er nickte lächelnd. „Doch, glauben sie mir. Sie denken die ganze Zeit an Bella und wenn sie in Ihrer Nähe ist, werden Sie unruhig. Ihre Blicke gehen fast automatisch immer zu ihr. Und sie haben den Kuss genossen, auch wenn Sie ihn nicht angeregt haben, dass sehe ich Ihnen an. Sicherlich fühlt sich Ihr Magen gerade an, als wäre da ein Schwarm Bienen drin. Ihre Lippen prickeln und sie kommen vom Gedanken an den Kuss nicht los, hab ich Recht?“
Verdattert sah ich ihn einen Moment lang an. Wenn ich es jetzt so betrachtete, hatte er wirklich Recht. Was er da gerade beschrieb, war genau das, was ich fühlte. Aber sollte ich mich wirklich verliebt haben? Ohne es zu wollen? Und gerade in Bella? Sicher, Liebe hatte nichts mit Vernunft zu tun, davon hatte ich mal gehört, aber so Hals über Kopf konnte es eigentlich nicht sein. Ich glaubte außerdem nicht an die Liebe auf den ersten Blick. Liebe musste wachsen, gedeihen. Es war sowieso schwer zu entscheiden, wo ‚Mögen‘ aufhörte und ‚Liebe‘ anfing. Und ich wusste auch, dass es noch keine Liebe war, die ich für meine Frau empfand, aber ich respektierte sie und über die Jahre würde sicherlich daraus auch Liebe hervorgehen. Daran glaubte ich fest.
Nein, ich konnte mich nicht verliebt haben. Nicht in eine andere Frau. Das war ein Ding der Unmöglichkeit. Ich dachte IMMER rational, ließ mich nie von meinen Emotionen leiten. Es musste etwas anderes sein. Irgendetwas, das mit der rein körperlichen Anziehung zusammen hing. Es könnte zum Beispiel eine einfache Schwärmerei sein. Sicher, das war es. Eine kurzzeitige Schwärmerei und nichts Ernstes. Spätestens, wenn ich wieder zurück zu Hause war, würde es vorbei sein. Es hieß ja nicht umsonst 'Aus den Augen, aus dem Sinn'.
Vehement schüttelte ich meinen Kopf. So musste es sein, das ging gar nicht anders. Hier von Liebe zu sprechen...das war einfach nicht richtig. Ich konnte nicht verliebt sein, ich durfte nicht verliebt sein. Der bisher leere Platz in meinem Herzen war schon für Victoria reserviert. Und daran würde sich auch nichts ändern.
„Nein?“, Pater Banner lachte leise. „Sind Sie sich da vollkommen sicher?“
„Ja“, antwortete ich mit brüchiger Stimme. „Das kann einfach nicht sein. Ich mag Bella, das ist richtig, aber verliebt in sie bin ich definitiv nicht. Auch, wenn sie im Moment meine Gedanken beherrscht. Das liegt sicherlich auch nur daran, dass ich sie für ein verirrtes Schaf halte, welches ich vielleicht wieder auf den rechten Weg führen kann. Sie hat mir vorhin von ihrer Zeit im Heim erzählt. Ich verstehe natürlich jetzt, was Sie damit meinten, dass ihr Leben bisher in Bahnen verlaufen ist, die es ihr nicht einfach gemacht haben. Sie könnte jetzt glücklich verheiratet sein, vielleicht schon Kinder haben, aber stattdessen ist sie hier.“ Ich machte eine abwertende Handbewegung in Richtung des Clubs.
In diesem Moment war es einfach klar. Es war so einfach. Meine Zuneigung zu Bella basierte auf einer Mischung aus Mitleid und einem Verbundenheitsgefühl, was ich auf Grund ihres ebenfalls noch bestehenden Glaubens hatte. Den ganzen körperlichen Quatsch drängte ich einfach mal in den Hintergrund. Und das ich sie geküsst hatte, musste einfach im Affekt passiert sein. Es würde sowieso keine Wiederholung geben. Ganz einfach. Vielleicht würde es auch besser sein, wenn ich in Zukunft ein wenig Abstand zu ihr halten würde, denn ich wusste ja auch nicht, was sie jetzt darüber dachte.
Denn, warum hatte sie mich geküsst? Eigentlich war sie doch fest mit diesem Jake zusammen. Wenn auch ohne Trauschein. Aber vielleicht war es deshalb in ihrer Beziehung einfach etwas lockerer. Ich hatte schon von diesen sogenannten ‚offenen Beziehungen‘ gehört, auch wenn mich der Gedanke, dass man mit mehreren Menschen zeitgleich körperlichen Kontakt pflegte, sehr störte. Wer wusste also so genau, wen sie bisher nebenbei noch alles geküsst hatte.
Mir fiel ein Stein vom Herzen. Irgendwie empfand ich das alles plötzlich als nicht mehr so schlimm. Es war ein einmaliger Ausrutscher gewesen. Ich würde einfach bei der nächsten Beichte dafür Buße tun. Wichtiger war es jetzt, sich Gedanken darüber zu machen, wie ich Bella klar machen konnte, dass ich so etwas nicht noch einmal wünschte. Sicherlich war das in ihrem Metier eher unüblich, aber sie ließ ja auch Jasper und Emmett in Ruhe. Ich musste ihr vielleicht nur erklären, dass mein Herz schon vergeben war. Ja, so einfach würde das sein. Da war ich mir sicher.
„Ich danke ihnen“, sagte ich deshalb schnell zu Pater Banner und erhob mich. „Sie haben mir sehr geholfen“, im Reden zwängte ich mich schon durch die Sitzreihe und verließ sie eilig am gegenüberliegenden Ende.
„Schlafen Sie gut“, rief ich dem immer noch lächelnden Pater zu und verließ fast fluchtartig die Kirche. Wenn ich mich nicht täuschte, hörte ich ihn hinter mir leise lachen.
Als ich in die kalte Nachtluft trat, fühlte ich mich tatsächlich sofort besser. Und das, obwohl ich keine Beichte abgelegt und damit meinen Frieden mit Gott gefunden hatte. Es war aber trotzdem so, als wäre eine schwere Last von meinen Schultern gefallen. Ich konnte nicht einmal genau sagen, warum ich mich jetzt besser fühlte, denn genau genommen hatte der Pater ja nichts getan.
Außer, diesen Unsinn mit dem ‚Verliebt-sein‘ zu erwähnen. Ich verstand einfach nicht, wie Pater Banner darauf kam, denn ich verhielt mich sicher nicht wie jemand, der sich gerade verliebt hatte. Wobei ich eigentlich keine genaue Ahnung hatte, wie sich so jemand verhielt, denn ich war ja noch nie verliebt gewesen. Sicher, die Dinge, die er mir beschrieben hatte, stimmten irgendwie schon, aber das hatte doch trotzdem nichts mit Liebe zu tun. Bella war eben eine bemerkenswerte Persönlichkeit. Und sehr hübsch. Klar, dass ich sie öfter ansah. Außerdem faszinierte sie mich.
Aber wie konnte jemand, der eigentlich tiefgläubig erzogen worden war, und auch immer noch daran festhielt, jetzt aber so sein Leben in Sünde leben. Ich verstand einfach nicht, wie sie damit klar kam. Seinen Glauben konnte man doch nicht einfach abschalten, so wie man ein Licht an- und ausknipste. Eigentlich müsste in ihr ein Kampf toben, der seines Gleichen suchte. Denn sie zog sich nun mal vor fremden Männern aus und verschaffte ihnen die Befriedigung, die sie zu Hause mit ihrer Ehefrau, eigentlich auch nur zu Fortpflanzungszwecken, erleben sollten. Wie konnte sie das mit ihrem Gewissen vereinbaren? Wie konnte sie das vor Gott rechtfertigen?
Als ich zurück zum Bloddy Nights kam, war der Laden fast leer. Ich konnte sogar durch den Haupteingang gehen, da selbst James bereits gegangen war. Es saßen nur noch ein paar betrunkene Gestalten an der Bar und ein Pärchen schunkelte zu schmusiger Musik auf der Tanzfläche.
„Na, Edward?“, Emmett kam auf mich zu. „Alles wieder in Ordnung?“
Ich nickte nur als Erwiderung und hoffte, er würde nicht weiter nachfragen. Und tatsächlich schien ihm meine Antwort zu genügen, denn er schlug mir freundschaftlich seine Hand auf die Schulter, so dass ich fast in die Knie ging.
„Das ist gut, das ist gut. Übrigens hab ich nächste Woche einen Termin beim Tätowierer gemacht. Wäre echt cool, wenn du mitkommen könntest, Jazz ist auch dabei. Wird sicher lustig.“
Zustimmend nickte ich. „Klar, kein Problem. Und du willst dir echt was stechen lassen?“ Bisher hatte ich immer bewundert, dass sein Körper noch vollkommen untätowiert war.
„Ja. Mein erstes“, er lief etwas rot an. „Ich will mir Rosalies Portrait stechen lassen. Vielleicht kann sie das endlich überzeugen, mal mit mir auszugehen.“
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Zum Glück war Bella an diesem Abend nicht mehr im Club gewesen und an den folgenden zwei Abenden schaffte ich es erfolgreich, ihr aus dem Weg zu gehen. Emmett hatte mit mir sogar die Plätze getauscht, so dass ich nicht mehr den frontalen Blick auf sie beim Tanzen hatte, sondern eher von der Seite zusah. Wobei ich es dann tatsächlich auch schaffte, nicht allzu sehr an ihrer wenig bekleideten Gestalt zu kleben. Meinen guten Vorsätzen stand also nichts mehr im Wege. Es war alles nur eine Frage des Willens.
Und wenn sie dann zurück in die Umkleide ging, wich ich einfach zur Seite aus. Es war mir zwar klar, dass sie das bemerken musste, aber ich zog es trotzdem durch. Es war sowieso schon schwierig genug, nicht ständig an ihre weichen Lippen zu denken.
Allerdings gab es am Samstagabend noch einen Showact, der mir leider nicht einerlei war. Bei dem ich extrem mit meiner Selbstbeherrschung zu kämpfen hatte.
Denn an diesem Abend hatte jemand den ganzen Club für einen Geburtstag gebucht. Das hieß erst mal, es war nicht ganz so überfüllt wie sonst. Allerdings wurde eine extra Bühne mitten auf der Tanzfläche aufgestellt, auf die ich auch von meinem neuen Posten aus, einen perfekten Blick hatte.
Im Laufe des Abends kamen Bella und Jake aus den Umkleideräumen und gingen in Richtung Bühne. Zu meinem Erstaunen trug Bella einen eng anliegenden, kurzen Rock mit Blazer und Jake einen Anzug. Alles in Nadelstreifen, was wirklich edel aussah. Zusätzlich hatte Bella ihre Haare hochgesteckt.
„Was wird DAS jetzt?“, fragte ich Jasper, der mit zwei Getränken in der Hand zu mir kam.
„Eine Partnernummer“, grinste er und reichte mir eine Cola. „Die kennst du noch nicht. Glaub mir, das wird verdammt heiß.“
Vorsichtig nippte ich an meinem kalten Getränk und beobachtete dabei verstohlen Bella, die gerade die Stufen zur Bühne hochging und dabei schon vom Gejohle der umstehenden Kerle begleitet wurde. Jake folgte kurz dahinter.
Die beiden positionierten sich so, dass sie sich auf der kleinen Bühne direkt gegenüberstanden.
Der ganze Raum wurde abgedunkelt. Ein Raunen lief durch die Menge. Die Scheinwerfer richteten sich auf die beiden, als plötzlich die Musik einsetzte. Zu Beginn war nur ein Bass zu hören, wie bei den meisten Musikstücken, die Bella für ihre Nummern verwendete.
Sie lief nun genau im Takt, die eine Hand provokant in die Hüften gestemmt, auf Jake zu, der mit verschränkten Armen wartend da stand. Sich auf die untere, knallrot geschminkten Lippe beißend, packte Bella ihn nun am Kragen und zog ihn dann, rückwärts laufend, hinter sich her, bis er in der Mitte der Bühne war. Dann umkreiste sie ihn dort einmal, während sie sich dabei geschickt ihres Blazers entledigte und ihn in die Menge warf. Darunter trug sie eine tief ausgeschnittene, weiße Rüschenbluse, die mehr zeigte, als sie verbarg.
Sie stellte sich wieder vor Jake, legte die Hände auf seine Schultern und strich dann langsam bis zu seinen Ellenbogen. Dabei bewegte sie ihren ganzen Körper aufreizend hin und her, was er aber nur mit einer hochgezogenen Augenbraue quittierte. Mir allerdings wurde schon wieder warm. Ich trank eilig noch einen Schluck meines kalten Getränks.
Bellas Finger wanderten währenddessen weiter in Richtung von Jakes Händen und sie öffnete seine bisher verschränkten Arme, so dass sie locker nach unten hingen.
Innerhalb des nächsten Augenblickes war sie schon hinter ihm und zog ihm mit einem Ruck das Jackett UND sein Hemd aus. Der Anblick seines nackten, geölten Oberkörpers veranlasste einige anwesende Frauen dazu, entzückt auf zu quieken. Jasper verdrehte neben mir die Augen.
Aber Jake war auch wirklich beeindruckend. Das sah sogar ich so. Aus rein sportlicher Hinsicht, versteht sich. Seine Muskeln waren klar und gut definiert, ähnlich wie bei Emmett. Der einzige Unterschied waren die Tattoos, die seine kompletten Oberarme zierten.
Bella schlich nun wieder um Jake herum, strich dabei mit den Fingern über die Linien seiner Tattoos und beobachte ihn mit katzenhaftem Blick. Plötzlich blieb sie vor ihm stehen, drehte sich mit dem Rücken zu ihm und lehnte sich gegen seinen Oberkörper. Synchron bewegten sich die beiden schlängelnd, Bella legte dabei den Kopf an seine Schulter und er ließ seine Hände über ihre Vorderseite langsam nach unten wandern. Dann öffnete er nach und nach und unter lautem Gejohle der Anwesenden, alle Knöpfe ihrer Bluse, ehe er sie ihr langsam auszog. Darunter kam ein Hauch von Nichts aus schwarzer Spitze zum Vorschein. Die Bluse landete ebenfalls in der Menge, die sich darauf stürzte, wie eine Horde ausgehungerter Wölfe.
Da ich es wiedermal, trotz aller Vorsätze, nicht schaffte, den Blick von diesem erotischen Bild abzuwenden, meldete sich nach kurzer Zeit wieder ein Körperteil, was ich im Moment gar nicht gebrauchen konnte. Zum Glück war es dunkel genug im Raum und es sah niemand in meine Richtung, denn ich wurde automatisch knallrot. Mir war das immer wieder aufs Neue peinlich.
Oben auf der Bühne zog Jake derweilen ein Taschenmesser aus seiner Hosentasche und durchtrennte damit, unter lautem Jubel, Bellas Rock, dessen Fetzen er achtlos fallen ließ. Dann steckte der das Messer wieder weg.
Bella streckte sich wie eine rollige Katze und legte ihre miteinander verschränkten Hände hinter seinen Kopf, so dass er freien Zugang zu ihrem fast nackten Körper hatte. Was er auch ausnutzte. Während sie sich weiter zur Musik an ihm rieb, strichen seine Hände unablässig über ihre Vorderseite. Er knetete ihre Brüste, drückte ihren Bauch gegen sich und legte seine Hände an ihre wiegenden Hüften. Es gab keinen Moment, in dem seine Hände untätig waren.
Und in mir erwachte plötzlich ein ganz neues Gefühl. Ich konnte es nicht genau beschreiben, aber es gefiel mir überhaupt nicht, dass er sie derart schamlos anfasste. Dass er sie überhaupt anfasste! Mein Getränk hielt ich mittlerweile so fest umklammert, dass das Glas schon leise in meiner Hand knackte.
Dabei war das Gefühl eigentlich total unangebracht, denn es konnte mir ja schließlich völlig egal sein, was sie da tat. Oder mit wem sie es tat. Und immerhin war ja Jake ihr Freund. Er durfte sie also anfassen, wann und wie er wollte. Wobei ich nicht sicher war, was er zu dem Kuss zwischen Bella und mir sagen würde. Offene Beziehung hin oder her.
Aber sicherlich kam mein Beschützerinstinkt für sie daher, weil ich mittlerweile wusste, dass Bella jetzt ein völlig anderes Leben, weitab von diesem hier, hätte führen können. Dass sie nicht ihren nackten Körper und ihre Sexualität vor schaulustigen Männern und Frauen präsentieren müsste. Sie könnte jetzt auch zu Hause, vor dem Fernseher sitzen, und nebenan würden ihre Kinder friedlich schlummern.
Doch es war leider nicht so.
Stattdessen hockte sie hier in diesem schmuddeligen Club vor Jake, strich an seinen Beinen ein paar Mal auf und ab, ehe sie ihn geschickt seiner Hosen entledigte.
Kaum war diese entfernt, stand Bella wieder vor ihm und er packte sie fest an der Taille, um sie gegen sich zu ziehen. Seine andere Hand wanderte langsam über ihren Hintern und den Oberschenkel bis zu ihrem Knie, ehe er sich mit einem Ruck ihr Bein um die Hüfte legte. Das Publikum johlte begeistert auf und ich kämpfte ernsthaft mit mir, sie nicht JETZT SOFORT einfach von dieser Bühne zu holen.
Bella lehnte sich genüsslich an Jake und dieser beugte sich nach vorne, um mit seiner Zunge über ihren Hals zu fahren. Ganz langsam und natürlich so, dass es auch wirklich jeder sehen konnte. Dabei lag seine Hand zwischen ihren Schulterblättern und er ließ sie währenddessen immer tiefer sinken, bis sie plötzlich die Hände über den Kopf hielt, um sich am Boden abzustützen.
Mit einer ruckhaften Bewegung lösten sich die beiden voneinander, natürlich perfekt zur Musik abgestimmt. Jake lief ein paar Schritte nach hinten und kniete sich dann hin, während Bella sich elegant rückwärts in eine Art Handstand bewegte, aus dem sie sich übergangslos in einen Spagat fallen ließ. Langsam legte sie ihren Oberkörper flach auf die Bühne, ehe sie sich wieder aufrichtete und wie eine Katze geschmeidig, auf allen Vieren, auf ihn zu schlich.
Als sie so bei Jake ankam, bewegte dieser seinen Oberkörper nach hinten, so dass sie halb auf ihn drauf kriechen konnte.
Dabei leckte sie ihm, scheinbar unendlich langsam, über seine feuchte Haut, von seinem Bauchnabel aus nach oben. Jake ließ scheinbar genüsslich seinen Kopf nach hinten fallen, so dass Bella, bis hoch zu seinem Kinn, freie Bahn hatte. Dort angekommen lag sie mittlerweile lang ausgestreckt zwischen seinen gespreizten Beinen und bewegte dabei ihr Becken in wirklich eindeutigen Bewegungen auf und ab. Ich überlegte kurz, ob ich jetzt noch ungesehen verschwinden konnte, verwarf diesen Gedanken aber sofort wieder, da ja Jasper immer noch neben mit hockte und begeistert im Takt der Musik mitwippte. Verdammt, aber DAS alles wollte ich wirklich nicht sehen. Es machte mir die Sache nicht gerade leichter und ich bewegte mich unruhig hin und her.
Nach ein paar Sekunden ließ sie sich wieder nach hinten gleiten und griff dabei auf den Rücken, um ihren BH zu öffnen, den sie in der gleichen Bewegung in die aufgeheizte Menge schleuderte, während sie sich mit dem anderen Arm ihre nackten Brüste bedeckte.
Zeitgleich richtete Jake sich auf und mit der Eleganz einer Raubkatze beugte er sich nun schalkhaft grinsend über Bella. Er setzte seine Nase auf ihren Venushügel und fuhr dann langsam von dort aus über ihren Körper nach oben, bis an ihrem Arm ankam, der immer noch quer über ihren Brüsten lag. Den stupste er dann mit seiner Nase an, damit sie ihn zur Seite nahm.
Was sie auch prompt tat und ich glücklicher Weise nicht der Einzige war, der wegen diesem Anblick laut auf keuchte. Jasper neben mir lachte leise und schlug mir auf die Schulter. „Hab doch gesagt, dass es heiß wird. Die zwei sind einfach gut zusammen, nicht?“
„Mhmm“, knurrte ich, peinlich berührt. Er hatte natürlich gemerkt, dass es mich nicht kalt ließ, was da gerade auf der Bühne passierte. Doch das SOLLTE und MUSSTE es aber! Ich war wirklich verärgert über mich selber, dass ich mich wieder so hatte gehen lassen.
Wobei ich ja eigentlich noch wütend darüber war, dass Bella so etwas überhaupt tun musste. Dass sie auf der Bühne öffentlich Dinge anstellte, die eigentlich intim und privat waren und nur zwei Ehepartner und vielleicht noch Gott angingen. Wie konnte Jake, als ihr Freund, nur so etwas von ihr verlangen? Ich war entsetzt.
Doch leider konnte ich auch nicht abstreiten, dass es mich sehr erregte, Bella dort oben, in eindeutig sündigen Positionen, zu beobachten und mir vorzustellen...
NEIN…mir NICHTS vorzustellen! Ich schob den Gedanken schnell bei Seite.
Mein Glaube gebot mir klar, dass das, was die zwei dort oben öffentlich taten, abstoßend und eigentlich privat war. Denn Sexualität sollte etwas höchst Privates sein. Dass es von den meisten nicht nur zur Fortpflanzung praktiziert wurde, hatte ich ja mittlerweile irgendwie akzeptieren können, aber diese zur Schaustellung der Fleischeslust gegen Geld war eine Sache, die mir nicht in den Kopf wollte.
Und dennoch ging es mir gerade, wie vermutlich dem halben Club. Ich seufzte tief. Der Anblick der beiden halbnackten, miteinander verschlungenen Körper erregte mich. Wobei ich auch fast wahnsinnig wurde, weil ich das nicht einfach unterbinden, Bella einfach dort wegholen und vor den wollüstigen Blicken der anwesenden Männer schützen konnte.
Ich war schließlich heilfroh, als diese Darbietung zu Ende war und die zwei wieder sicher in die Umkleidekabine verschwanden. Schlimm daran war nur, dass ich mir nur zu gut vorstellen konnte, was sie jetzt dort weiter taten.
Erneut seufzend lehnte ich mich gegen die Wand und schloss die Augen. Mein allererster, großer Einsatz und gleich war alles so kompliziert. Aber nicht mal wegen der polizeilichen Seite. Nein, die hatte ich ja bisher gut im Griff, sondern mein eigener Lebensstil, meine Einstellung zu bestimmten Sachen, machte es mir unnötig schwer hier. Aber aufgeben und einfach verschwinden war nicht mein Stil. Ich würde das hier durchziehen, koste es, was es wolle.
Und das mit Bella, was auch immer es war, würde ich auch irgendwie noch in die Reihe bekommen. Musste es in die Reihe bekommen. Mein ganzes restliches Leben hing daran…
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