Freitag, 24. Juni 2011

L³ - 3 - open the skies over me

L-3 open the skies over me

Sehr viel zuversichtlicher trat ich, nachdem ich der reizenden alten Dame die Einkäufe nach Hause gebracht hatte, den Heimweg an.

Die Beichte, oder besser gesagt, das Gespräch mit Pater Banner, hatte mir wirklich sehr geholfen. Ich war mir jetzt völlig sicher, dass Bella nur eine Prüfung und vielleicht auch eine Aufgabe war, die Gott mir auferlegt hatte. Nicht umsonst brachte er mich mit einer jungen Frau zusammen, die anscheinend eine gewisse Gottverbundenheit zeigte, aber durch widrige Umstände vom Weg abgekommen zu sein schien. Vielleicht war es jetzt meine Aufgabe, sie wieder auf den richtigen Weg zu führen, ihren Glauben zu erneuern und zu festigen. Ich hatte zwar keinerlei Erfahrungen mit einer solchen Aufgabe, aber bekanntlich wuchs der Mensch ja mit seinen Aufgaben. Und wenn Gott mir diese Aufgabe zutraute, sollte ich auch Vertrauen in mich haben.

So war ich mir mittlerweile absolut sicher, dass alles gut gehen würde. Meinen Auftrag würde ich meistern und mich nebenbei um Bella kümmern. Es war ja schon fast meine Pflicht, ein so verirrtes Schaf wieder heim zu bringen. Meine Familie würde verdammt stolz auf mich sein. Vielleicht würde ich ihnen irgendwann, in einer etwas geschönten Fassung, davon berichten können.

Mit einem Pfeifen auf den Lippen rannte ich die Stufen zu unserer Wohnung hinauf. Schon im Treppenhaus roch es köstlich nach Kaffee und irgendetwas Gebratenem, also schienen die zwei Schlafmützen auch endlich aufgestanden zu sein. Ein kurzer Blick auf die Uhr verriet mir, dass es fast Mittag war. Allerdings hatte ich keine Ahnung, wann ich vorhin aufgebrochen war. In einer Kirche vergaß ich so schnell Zeit und Raum, dass ich da mal schnell drei bis vier Stunden verbrachte und es mir nur wie Minuten vorkam.

Vermutlich war ich so gegen acht Uhr aufgewacht, was für mich eigentlich schon sehr spät war. Aber als Emmett mich gestern in mein Bett gebracht hatte, war es schon kurz vor zwei gewesen. Meinen normalen Tagesrhythmus, der normalerweise mit regelmäßig um fünf Uhr morgens aufstehen begann, würde ich hier nicht einhalten können. Aber vielleicht konnte ich mich hier auf sieben Uhr einpegeln. Ich musste Emmett mal fragen, ob man hier irgendwo gut joggen konnte. Oder lieber Jasper, denn Emmett sah eigentlich nicht aus wie der typische Jogger.

Jasper... mit dem hatte ich aber vorher noch ein Hühnchen zu rupfen.

Ich öffnete die unverschlossene Wohnungstür und folgte dem Kaffeeduft direkt in die Küche. Emmett stand vor dem Herd und machte eine riesige Pfanne voll gebratener Nudeln heiß, was mein Magen knurrend zur Kenntnis nahm.

„Morgen, Eddy“, er drehte den Kopf etwas und grinste mich an. „Hunger?“ Ihn schien es nicht weiter zu verwundern, dass ich von draußen kam. Oder es war ihm einfach egal.

Von Jasper war noch nichts zu sehen, aber da drei Gedecke auf dem Tisch standen, würde er wohl ebenfalls an dem verspäteten Frühstück, oder eher schon Mittagessen, teilnehmen.

„Sorry wegen gestern“, nuschelte Emmett plötzlich in meine Richtung und steckte sich einen Löffel voll Nudeln in den Mund. „Aua... heisch... ischt scho ein Ritual“, er schluckte tapfer, „bei uns. Da muss jeder durch. Habe ich auch mitgemacht.“

„Schon okay“, antwortete ich und wurde dann von einem zaghaften „Edward?“ unterbrochen. Ich drehte mich um und sah Jasper, der aussah wie ein begossener Pudel, hinter mir stehen. Eigentlich wollte ich stinksauer auf ihn sein, aber er sah gerade so verletzlich aus, dass ich es einfach nicht konnte.

„Es tut mir leid“, sagte er leise und ich konnte nichts als Ehrlichkeit in seinen Augen erkennen. „Ich hätte besser aufpassen müssen.“

Besser aufpassen? Was meinte er denn damit? Hatte er mir das falsche Getränk gegeben?

Fragend sah ich ihn an und er lächelte zaghaft. „Alistair hat den Drink gestern für dich gemixt. Ich hab mir nichts dabei gedacht ihn Dir zu bringen, aber Bella hat mich nach ihrer Show bei Dir zur Schnecke gemacht, warum zum Teufel ich dir Drogen untergejubelt habe. Das hat sie wohl sofort bemerkt.“

„Bella?“, fragte ich verwirrt.

„Oh ja“, Jasper nickte eifrig, „Du hättest sie sehen sollen. Als sie aus dem VIP-Bereich kam, lief sie schnurstracks auf die Bar zu, nahm sich nicht einmal die Zeit drum herum zu laufen, sondern nahm gleich den direkten Weg über die Theke und packte mich am Kragen. Ich wusste erst gar nicht, was sie von mir wollte. Ich hab ihr dann alles erklärt. Alistair war aber dann leider schon weg. Ich hätte gern gesehen, wie sie ihn fertiggemacht hätte.“

Fassungslos starrte ich ihn an. Woran hatte sie gemerkt, dass ich Drogen genommen hatte? Ich selber hatte es doch auch erst im Nachhinein bemerkt. Oder war es so offensichtlich gewesen? Und warum mochte sie das nicht? Ich dachte eigentlich, dass das hier für sie normal war?

Ein Teil von mir empfand die Tatsache, dass sie dagegen war, jemandem ohne sein Wissen Drogen unterzujubeln, als ein positives Zeichen. Es schien, als ob bei ihr nicht alles an Anstand und Menschlichkeit verloren gegangen war. Der Pater hatte vielleicht doch Recht. Sie hatte immer noch eine gute Seele. Diese war nur leider verdeckt von dem äußeren Erscheinungsbild, dass sie von sich geschaffen hatte. Aber das war wahrscheinlich nur ihr Schutzschild, was sie in diesem rauen Umfeld brauchte, um unbeschadet zu Überleben. Deshalb, so beschloss ich, musste sie schnellstens hier raus.

„Aber sie wird ihn sich sicher noch vornehmen.“, fuhr Jazz fort. „Und James, denn der war es schließlich, der ihn angewiesen hat, es zu tun. Ich hab es leider nicht gesehen. Tut mir ehrlich leid, ich hätte dir den Drink sonst nie gegeben.“ Er wirkt wirklich sehr zerknirscht.

„Ist schon in Ordnung, du kannst ja nichts dafür“, erwiderte ich. Jetzt war ich wirklich baff und wusste nicht so richtig, was ich denken sollte. In meinem vorschnellen Verurteilen der ganzen Situation hatte ich automatisch Jasper den schwarzen Peter zugeschoben, dabei war er selber nur als Kurier benutzt worden. Aber warum hatte der Türsteher dafür gesorgt, dass ich etwas in den Drink bekam? Schließlich hatte es die ganze Sache für mich nicht gerade unangenehmer gemacht. Das musste ich mir ja leider eingestehen. Obwohl eine Wiederholung für mich ganz und gar nicht in Frage kam.

„James ist ein Arsch“, tönte es nun aus der Küche, als hätte Emmett meine Gedanken erraten. „Nudeln sind fertig. Der Typ denkt, dass der Laden fast ihm gehört, nur weil er ein Bastard ist, den Aro's Bruder mal mit der drittklassigen Nutte gezeugt hatte.“ Er redete weiter, während er sich eine Riesenportion Nudeln auf seinen Teller schaufelte. „Der ist immer so komisch bei Neuen. Hat immer Angst, sie könnten uns nen Bullen unterjubeln oder so.“ Mit einem lauten Knall, setzte er die Pfanne auf dem Tisch ab und ich zuckte dabei fast zusammen. Ahnten die etwa schon, dass ich hier war? War das eine Falle? „Und vor allem wird es ihm nicht gepasst haben, dass ausgerechnet Bella für dich getanzt hat. Er ist nämlich ganz scharf auf das Prinzesschen, aber sie lässt ihn eh nicht ran.“

Ich hatte mich in der Zwischenzeit auf einen Stuhl ihm gegenüber gesetzt. Mein Magen machte gerade Purzelbäume. War meine Vergangenheit wirklich wasserdicht? Gab es wirklich nichts, was auf meinen Job als Cop hindeutete? Wenn die schon damit rechneten, dass jemand eingeschleust werden würde, müsste ich doppelt so vorsichtig agieren, wie geplant. Und es würde meinen Einsatz hier auch zeitlich deutlich verlängern, weil es wohl doch nicht so einfach war, wie vorher angenommen, ihr Vertrauen zu erlangen. Das brauchte wohl Zeit. Ich seufzte innerlich.

Jasper stellte mir eine Tasse Kaffee hin, die ich dankend annahm und setzte sich ebenfalls. „Yeah, er war ganz schön wütend, als er davon erfahren hat.“

„Ist es denn so besonders, dass sie für mich getanzt hat?“, fragte ich etwas abgelenkt, denn ich ging im Kopf noch einmal alle Punkte durch, die ich jetzt mehr denn je beachten musste.

„Und ob“, kam es zweistimmig und ich hob erstaunt den Kopf.

„ Das Prinzesschen macht das sonst nie persönlich“, Emmett kaute mit offenem Mund und ich registrierte mit Erstaunen, dass sein Teller schon halb leer war. „Ursprünglich sollte es ja Tanya machen“, wir verzogen alle drei das Gesicht bei dem Gedanken „so hat es mir Rose jedenfalls erzählt. Aber Bella hat sich sofort eingemischt und gesagt, dass sei es dieses Mal selber macht. James war dann mächtig sauer, aber was will er schon tun. Wenn Bella das sagt, wird es so gemacht!“

Verwirrt blickte ich ihn an. „Sie ist doch nur eine einfache Tänzerin, wie kann sie mehr zu sagen haben als er, wenn er sich schon halb als Boss sieht?“

„Im tänzerischen Bereich hat Bella, zusammen mit Jake, das Sagen. Wer, wann, wie, wo und für wen tanzt, legen sie fest. Aber vermutlich war James einfach bloß sauer, weil sie noch nie für in getanzt hat. Und weil er zum Einstieg Stefan als Lapdance bekam“ Jasper und Emmett lachten laut auf.

„Für ihn hat ein Kerl getanzt?“, ich verschluckte mich auch fast bei der Vorstellung.

„Oh ja“, Emmett wackelte mit den Augenbrauen und schaufelte sich erneut seinen Teller voll. Ich fragte mich wirklich, wie er die ganzen Kalorien verbrauchen wollte. „Zum Schluss saß Stefan nur noch mit einem Mini-Leoparden-String bekleidet, auf seinem Schoß.“

„Und James hatte nen Ständer…“, fügte Jasper an, „Was Stefan natürlich gleich allen erzählen musste.“

„Diese Neigung liegt wohl in der Familie“, lachte Emmett.

„Was macht er als Türsteher überhaupt ständig im Umkleidebereich der Tänzerinnen?“, fragte ich, um auf ein anderes Thema zu kommen. Bilder von einer halbnackten Bella reichten mir schon völlig aus, ich wollte nicht noch welche von Stefan oder Vladimir haben.

„Was wohl?!“, Emmett legte die Gabel hin und klatschte seine Faust in die offene Hand. „Mit einer der Tussen vögeln, was sonst. Oder mit allen dreien, wenn es gut für ihn läuft. Dabei lassen die ihn sowieso nur ran, weil er ihnen vorgaukelt, er könne bei Aro ein gutes Wort für sie einlegen. Dabei interessiert sich Aro einen feuchten Dreck für ihn. James darf eh nur so tun, als ob er den Laden schmeißt, weil das hier ein Selbstläufer ist. Wir haben feste Stammkunden, die kommen schon seit Jahren regelmäßig her und lassen ihre Kohle hier. So ist der Laden eine wahre Goldgrube. Und Gott sei Dank, schafft es die Niete nicht, das runter zu wirtschaften. Dabei bekommt der noch nicht einmal einen einfachen Kurierjob richtig hin.“

„Taucht Aro denn hier dann überhaupt mal auf?“, fragte ich ohne aufzusehen, um es möglichst uninteressiert rüberzubringen. Es sollte nicht so aussehen, als würde ich sie ausfragen.

„Eher selten“, kam es nun von Jasper. „Ihm gehören mehrere Clubs hier in Seattle, aber die laufen eigentlich alle ohne ihn. Er kassiert nur ab. Alle drei oder vier Wochen ist er mal bei uns und trifft sich mit den Leuten, die ihm direkt unterstehen und die Drecksarbeit für ihn erledigen. Vor drei Tagen war er erst hier, also musst du keine Angst haben, dass du allzu schnell dem Boss persönlich über den Weg läufst. Und du bist ja nur ein kleines Licht, da wird er sich eh nicht so schnell für dich interessieren.“

„Er ist aber ein hübsches, kleines Licht …“, bemerkte Emmett grinsend und Jasper verdrehte die Augen. Dann lachten beide dreckig und ich hatte den Verdacht, hier jetzt irgendetwas zu verpassen. Aber ich war auch einfach viel zu beschäftigt, mir eine Strategie zu Recht zu legen, als dass ich dem Ganzen große Beachtung schenkten konnte.

Unser Informant hatte also wirklich Recht behalten. Wenn hier die wichtigsten Treffen stattfanden, war ich wirklich mitten im Hexenkessel gelandet. Vielleicht konnte ich es irgendwie schaffen, dort eine Wanze zu platzieren. Dann konnte ich problemlos erfahren, wo und wann sie die Geldübergaben oder Drogenlieferungen planten. Das würde mir wirklich extrem nützlich sein. Denn bevor wir Aro endgültig festnageln konnten, mussten wir ihn erst mal schwächen. Sein Vertrauen in seine wichtigsten Leute untergraben, ihn dadurch angreifbarer machen. Nichts war dazu besser geeignet, als ein Syndikat, welches intern im Clinch lag und keiner mehr dem anderen vertraute. Ungewollt schlich sich ein kleines Lächeln auf meine Lippen. So wie es aussah, könnte das hier ganz großartig laufen. Innerhalb von ein paar Monaten, sollte es mir möglich sein, das hier alles den Bach runter gehen zu lassen. Perfekt.

Ich musste also nur noch heraus bekommen, in welchem Raum die Treffen stattfanden, um ihn unauffällig zu verwanzen. Vielleicht gab es auch eine Möglichkeit für mich, persönlich dabei zu sein. Oder wenigstens mitzuhören. Sicherlich würde ein Raum im VIP-Bereich dazu genutzt werden. Da war es natürlich schwieriger, ungesehen rein zu kommen. Allerdings lag unsere Wohnung direkt darüber. Vielleicht hatte ich von da aus eine Möglichkeit, schließlich trennte mich dann nur noch eine Holzbalkendecke vom Geschehen. Also sollte ich mir, so schnell und so unauffällig wie möglich, die notwendigen Dinge beschaffen. Je eher ich meine Vorbereitungen abgeschlossen hatte, desto besser.

„Öhm, Edward“, riss mich Jasper aus meinen Überlegungen. „Wo warst du eigentlich heute Morgen? Nach Joggen sehen deine Sachen nicht gerade aus.“

Ich beschloss, es mit der Wahrheit zu versuchen. „In der Kirche.“

„Kirche?“, Emmett verschluckte sich fast, während Jasper nur wissend lächelte. „Dann ist es dir mit dem Teil um deinen Hals“, er deutete auf mein goldenes Kreuz, „so richtig ernst? Ich meine, du trägst es nicht, weil die Bunnies das heiß finden?“

„Nein“, erwiderte ich mit gerunzelter Stirn. „Natürlich nicht.“ Instinktiv umfasste ich es schützend mit meiner Hand. „Das Zeichen Jesu ist doch kein Mittel, um Frauen anzulocken“, brachte ich etwas lauter hervor, als beabsichtigt. Aber ich konnte es auf den Tod nicht ausstehen, wenn man das Zeichen Gottes missbrauchte. Erst Recht nicht, um Frauen herum zu bekommen. Obwohl mir schleierhaft war, wie ein Kreuz eine Frau dazu bringen sollte, sich jemandem hinzugeben.

„Okay, okay“, er hob beschwichtigend die Hände. „Ist gebongt. Keine Witze darüber. Wenn du an den Big Boss da oben glaubst, dann ist das für mich ok. Solange du mich nicht bekehren willst. Ich hab mit dem ganzen nichts am Hut. Mein mexikanisches Kindermädchen hat es schon jahrelang versucht und seitdem reagiere ich irgendwie allergisch darauf.“

„Wobei es dir vielleicht ganz gut tun würde“, warf Jasper ein. „Ein wenig Ruhe, inneren Frieden und Ausgeglichenheit. Und eine Beichte wäre vielleicht auch nicht ganz verkehrt. Obwohl die echt lang wäre…“, er grinste.

„Och nö“, Emmett verzog das Gesicht. „Bella kann für mich mitbeichten, wenn sie mal wieder den Pfaffen besuchen geht. Die muss sowieso, denn sie hält sich nicht an Absprachen.“

Ich horchte auf. Also ging Bella tatsächlich zur Kirche, so wie es Pater Banner mir erzählt hatte. Und selbst ihre Freunde wussten davon. Aber wie vereinbarte sie das mit ihrem Lebensstil?

„Absprachen?“, fragte Jasper verwirrt.

„Ja, Absprachen“, Emmett verschränkte die Arme vor der Brust wie ein bockiges Kind. „Sie sollte Edward gestern schließlich nur antörnen, ihn etwas heiß machen und nicht, ihm ein Happy Ending verpassen. Nichts gegen dich, Edward“, er sah entschuldigend zu mir. „Aber darum geht es halt bei dem Ritual. Dem Neuen zu zeigen, dass er den Mädels ausgeliefert ist.“

Ich hoffte, Jasper würde jetzt nicht weiter nachfragen, denn ich spürte schon jetzt, wie mir das Blut in die Wangen schoss. Als ob es nicht schon peinlich genug war, dass er und Bella von meiner Misere wussten. Zu der ich ja nicht einmal was konnte. Mein Körper hatte sich schließlich nur auf Grund der Drogen selbstständig gemacht. Jedenfalls versuchte ich mir das einzureden.

„Aber ein wenig hättest du dich auch zusammenreißen können“, grummelte er mich jetzt doch an. „Sie hatte ja schließlich noch ein bisschen an. Und dein Big Boss findet das bestimmt auch nicht witzig.“

„Gerade du musst rummotzen“, lachte Jasper jetzt und Emmetts Ohren nahmen die Farbe einer überreifen Tomate an.

Fragend blickte ich ihn an und er lehnte sich verschwörerisch zu mir herüber. „Emmett ist nämlich schon mal dasselbe passiert. Auf seiner Feier zum fünfundzwanzigsten Geburtstag. Allerdings ungeplant. Also aus Bellas Sicht. Irgendwie ist da was mächtig aus dem Ruder gelaufen…“

„Manno“, schmollte Emmett. „Das sollte doch unter uns bleiben. Bisher wussten nur du und Bella davon. Und außerdem war ich betrunken. Also etwas angeheitert. Maximal.“

„Jaha“, lachte Jasper. „Sternhagelvoll trifft es wohl eher. Deswegen kannst du dich ja auch nicht so richtig daran erinnern. Aber es hatte sein Gutes, niemand hat bemerkt, dass du Bella halb trocken gevögelt hast. Und erst Recht nicht, dass du vor versammelter Mannschaft sogar gekommen bist. Die haben dein dämliches Grinsen nur auf den Alkohol geschoben.“

„Du hattest ja noch nie einen Lapdance von Bella. Also weißt du gar nicht, wie das ist“, begann er sich jetzt lautstark zu verteidigen. „Edward, nun sag doch auch mal was!“

Ich grinste leicht und hob die Hände. Solche Diskussionen konnten die lieber ohne mich führen.

Jasper lehnte sich zurück und schlürfte gemütlich an seinem Kaffee. „Als ich hier angefangen habe, war von Lapdance noch keine Rede. Und wenn, würde ich höchstens einen von Alice nehmen. Aber die macht ja so was eh nicht“, fügte er bedauernd hinzu.

„Ich hätte ja gerne mal einen von Rose“, seufzte Emmett und stütze verträumt sein Kinn auf seine Hände.

In den folgenden Minuten unterhielten sich die Beiden angeregt über die Vorzüge von Rosalie und Alice. Anscheinend mochte Jasper Alice ganz gerne, während Emmett einen Narren an Rosalie gefressen hatte. Aber keiner traute sich, seine Herzensdame anzusprechen.

Irgendwann entschuldigte ich mich und ging in mein Zimmer. Um die Gedanken an eine halbnackte Bella, die dank der letzten Gesprächswendung wieder in meinem Kopf tobten, zu vertreiben, las ich ein paar Psalme in der Bibel und betete anschließend einen Rosenkranz. Tatsächlich schaffte ich es durch die zwei Stunden intensiver Beschäftigung mit Gott und der Jungfrau Maria, mich wieder zu fokussieren. Pater Banner hatte Recht, mit Konzentration und starkem Willen konnte ich alles durchstehen.

Die folgenden Tage vergingen schnell und einiges daran war besser, anderes wiederrum schlechter.

Besser daran war, dass ich mich relativ schnell einlebte und an den geänderten Tagesrhythmus gewöhnte. Meist kam ich gegen Zwei ins Bett und stand dann gegen Acht wieder auf. Als erstes ging ich dann wieder in die nahe Kirche, um zu Beten und anschließend mit Jasper zusammen eine Runde joggen, was mir wirklich viel Spaß machte. Einerseits die körperliche Betätigung, um mich fit zu halten, andererseits Jaspers Gesellschaft. Während des Laufens war er ein eher stiller Zeitgenosse und machte nur durch gelegentliches Mitsingen der Songs, die er mit seinem MP3-Player hörte, auf sich aufmerksam. Was allerdings auch recht amüsant sein konnte, wenn er auf der Straße irgendwelche Mädels im vorbei laufen anlächelte und gerade dabei „You're an ugly girl“ oder „I will kill you in your sleep“ mitsang. Wenn wir zwischendrin eine Pause oder ein paar Dehnübungen machten, war er dagegen sehr gesprächig.

Er erzählte mir, dass Alice und Rosalie meist nur an den Wochenenden im Club waren, da sie beide studierten. Und versicherte mir mehrmals, dass sie dort nichts Unanständiges tun würden. Nur tanzen. Dem Glanz in seinen Augen nach zu urteilen, den er hatte, wenn er von Alice sprach, schien er wirklich ein wenig in sie verliebt zu sein. Aber was für eine Zukunft hätten die zwei schon? Jasper schien eine Art Dauerstudent zu sein und leider aber nicht wirklich an Vorlesungen teilzunehmen. So wie er mir erzählte, kam Alice aus einer kleinen Stadt in der Nähe und wenn sie ihr Studium hier beendet hatte, würde sie auch sicherlich dahin zurückkehren. Und er wäre dann immer noch hier und auch nicht wirklich fähig, eine Familie zu ernähren.

Er war ein guter Kerl, keine Frage, aber eben kein Familienmensch. Für ihn stand der Spaß im Leben im Vordergrund und nicht die Verantwortung. Und Alice? So, wie er sie mir schilderte, schien sie ihr Studium sehr gewissenhaft zu verfolgen. Also hatte sie anscheinend so was wie einen Lebensplan. Auch wenn ihre Wege sich im Bloody Nights kreuzten, so stammten sie doch aus völlig verschiedenen Welten. Und ich glaubte kaum, dass man den Unterschied alleine durch Liebe tilgen konnte.

In diesem Moment war ich wieder einmal froh, dass meine Eltern mir bei Zeiten eine passende Frau ausgewählt hatten. Ich musste mich also nie Hals über Kopf in eine, durch so ein unbeständiges Gefühl wie Verliebtheit erzeugte, Beziehung stürzen. Meine Ehe basierte auf den wichtigsten Grundpfeilern einer lebenslang funktionierenden Ehe: Respekt und Zuneigung. Eine Basis, die Jahrzehnte überdauern konnte und nicht so wandelbar war, wie die vergängliche Liebe.

In meinem Leben gab es nur eine große Liebe, und das war die Liebe zu Gott.

Jasper erzählte mir auch viele Anekdoten von lustigen Begebenheiten innerhalb des Clubs. Innerhalb von ein paar Stunden kannte ich, ob ich nun wollte oder nicht, außerdem allen Klatsch und Tratsch, der innerhalb des Clubs so kursierte. Dabei schien es mir, als würde er das Thema Bella bewusst vermeiden. Was ich wirklich begrüßte, denn so fiel es mir leichter, nicht dauernd an sie zu denken.

An den nun folgenden zwei Abenden war sie auch nicht im Club, aber ich wagte es nicht, bei Emmett oder Jasper nach ihr zu fragen.

Und das machte diese folgenden Tage dann irgendwie schlechter für mich.

Denn obwohl ich es ernsthaft versuchte zu verdrängen und ich es mir auch einfach nicht eingestehen wollte, vermisste ich sie. Vielleicht war es aber auch einfach nur der Wunsch, sie wieder zu sehen, um testen zu können, ob ich mich wirklich unter Kontrolle haben würde. Eigentlich war ich deshalb sehr zuversichtlich, aber man konnte ja nie wissen. Deswegen machte es mich ungeduldig und unruhig, es nicht ausprobieren zu können. Es wäre sicherlich sehr befriedigend, sie zu sehen und festzustellen, dass sie keine Reaktion bei mir auslöste.

Aber so waren es dann eher zwei langweilige Abende. Und am Mittwoch war der Club auch noch geschlossen. Allerdings kam ich nicht wirklich dazu, mich zu fragen, was ich an diesem Abend wohl tun könnte. Denn Emmett und Jasper beschlossen gemeinschaftlich, mich einfach auf eine Party mitzunehmen. Wohl gemerkt, ohne mich vorher zu fragen.

Da ich keine Ahnung hatte, was da auf mich zukam, zog ich einfach ein paar von den Klamotten an, von denen ich dachte, dass sie cool aussehen würden. Erfreulicherweise war die Temperatur um einiges angestiegen, so dass ich auf eine Jacke verzichten konnte. Da es noch nicht so spät war, setzte ich noch meine Sonnenrille auf.

„Mit welchem Auto fahren wir denn?“, fragte ich, als wir die Treppe hinunter liefen. Vorsorglich hatte ich meine Papiere und meinen Autoschlüssel eingesteckt. Ich hatte kein Problem damit zu fahren, denn auf Alkohol zu verzichten war eine meiner leichtesten Übungen. Und da es sowieso nicht mein heißgeliebter Vanquish war, würde es auch nichts ausmachen, wenn ich auf dem Rückweg volltrunkene Passagiere hatte. Sie würden ja hoffentlich nicht alles vollkotzen.

„Hin nehmen wir die U-Bahn“, kam es grinsend von Emmett und ich sah ihn verständnislos an.

„Ihr wollt irgendwo feiern gehen und fahrt dann mit der U-Bahn?“ Mit zwei, sehr wahrscheinlich, betrunkenen Kerlen nachts U-Bahn zu fahren, hielt ich für eine nicht gerade so tolle Idee. Ich sah mich schon mit einem schwankenden Emmett durch die Waggons schunkeln, damit er nicht auf der Nase landete.

„Ne, keine Sorge. Zurück nehmen wir ein Taxi“, sein Lachen wurde noch breiter und ich verstand irgendwie nur Bahnhof. Ein Taxi wäre ja eigentlich okay, nur hatte ich irgendwie den Eindruck, als meinte er etwas anderes. Aber ich beließ es erst mal dabei. Ich würde es schon früh genug erfahren.

U-Bahn fahren mit Emmett und Jasper war eine sehr interessante Erfahrung. Zum einen sparten die zwei sich natürlich das Ticket und sprangen einfach über die Drehkreuze. Was ich dann natürlich ebenfalls tat, um nicht aufzufallen, obwohl ich wirklich ein schlechtes Gewissen dabei bekam. Auch hatte ich den Eindruck, dass mich danach alle Leute vorwurfsvoll anstarrten. So, als würden sie genau wissen, was ich getan hatte. Ich nahm mir vor, den Betrag morgen früh in die Kollekte der Kirche zu stecken. Oder besser den Doppelten. So als kleine Wiedergutmachung. Und hoffte dabei, dass Gott mir diese kleinen Fehltritte in Hinsicht des großen Coups, denn ich damit einfädelte, verzeihen konnte.

Zumal uns recht viel Aufmerksamkeit von den Passanten geschenkt wurde. Aber drei Männer in dunkler Bekleidung, von denen einer aussah, als wäre er mit einem Kleiderschrank verwandt, fielen nun mal auf. Und das nicht gerade positiv. Einige ältere Herrschaften bedachten uns mit ängstlichen Blicken und wichen teilweise sogar etwas zurück. Dabei taten wir eigentlich gar nichts Böses, außer rumstehen und ein wenig rumalbern vielleicht. Hier wurde mir wieder mal bewusst, wie leicht doch das Äußere über den inneren Kern hinwegtäuschen konnte. Im Guten wie im schlechten.

Nach einer etwa halbstündigen Fahrt, waren wir in einem der etwas außerhalb gelegenen Viertel von Seattle angekommen. Dort gab es wohl nur Bar neben Bar. Wir liefen ein paar Minuten durch die hell erleuchteten Straßen, auf denen sich schon jetzt viele Betrunkene tummelten, bis wir endlich in eine kleine Bar einkehrten. Obwohl sie nur von außen klein wirkte. Innen war doch recht groß und sehr gut gefüllt. Auf Anhieb sah ich keinen einzigen freien Platz mehr.

Bereits beim Eintreten hatte ich meine Sonnenbrille in die Haare hoch geschoben, denn es war hier recht dunkel drin. Nur auf den Tischen erhellten kleinere Lampen den ganzen Raum und ein kleiner Tanzbereich wurde ebenfalls beleuchtet.

Emmett steuerte zielstrebig durch die Tische in den hinteren Bereich des Lokals. Dort gab es tatsächlich noch einen Tisch, an dem nur zwei Personen saßen und noch ein Plätzchen für uns frei war. Allerdings rutschte mir bei deren Anblick das Herz in die Hose. Denn am Tisch saßen Jake...und Bella.

Kurz bevor wir die beiden erreichten, stand Bella auch schon auf und mein Herz rutschte weiter bis in die Kniekehlen. Denn sie trug eine abgeschnittene Jeans, die wirklich auch als breiterer Gürtel hätte durchgehen können. Dazu Cowboyboots und ein abgeschnittenes Shirt, was ihren kompletten Bauch unbedeckt ließ. Ich hatte sie zwar schon vorher in einem weniger bedeckten Zustand gesehen, aber irgendwie wirkte es heute noch Un-angezogener. Viellicht lag es auch einfach an der privaten Umgebung. Im Club gehörte es einfach dazu. Da war es ihre Arbeitskleidung, im weitesten Sinne. Aber hier?

Doch sie schien sich an ihrer Nacktheit nicht zu stören, denn mit einem freudigen Aufschrei fiel sie Emmett und Jasper um den Hals. Ich befürchtete schon, sie würde bei mir dasselbe tun, aber sie überraschte mich, in dem sie mir die Hand gab und mich einfach nur anlächelte.

So richtig wusste ich nicht, wie ich mich jetzt ihr gegenüber verhalten sollte. Unser letztes Aufeinandertreffen war ja ein wenig ungewöhnlich gewesen. Jedenfalls für mich und außerdem hatte ich da zusätzlich unter dem Einfluss von Drogen gestanden. Auch wenn sie davon wusste, vielleicht hielt sie mich nun bestimmt trotzdem für einen Volltrottel. Beim Blick auf Jake, der mich ebenfalls freundlich anlächelte, fragte ich mich, ob sie ihm wohl von meinem Fauxpas erzählt hatte. Aber da er nicht grinste oder miese Witze auf meine Kosten machte, schien es nicht der Fall zu sein. Überhaupt machte sie keinerlei Bemerkung in diese Richtung, nach dem Motto: 'Na, wieder alles fit im Schritt', sondern unterhielt sich leise mit Emmett über irgendwelche Belanglosigkeiten.

So nahm ich auf dem freien Stuhl neben Jake Platz.

„Okay, Jungs“, kam es von nun Bella, als meine Begleiter sich ebenfalls gesetzt hatten. „Was wollt ihr trinken?“

„Bier“, kam es im Chor. Jake hob ebenfalls sein fast leeres Glas und wedelte damit auffordernd herum.

„Und du, Edward?“, sprach sie mich jetzt das erste Mal direkt an und ich brauchte eine geschlagene Sekunde um ihr zu antworten. „Öhm... ich nehme auch ein Bier. Denke ich …“

Oh je. Ich machte mich hier gerade wieder zum Idioten. Irgendwie schaffte sie es immer wieder, mich durcheinander zu bringen. Und das bloß bei einer simplen Getränkebestellung. Mein Körper, der Verräter, reagierte nicht wirklich so, wie ich mir es erhofft hatte. Selbst ohne Drogen im Blut. Denn, als sie sich mit einem „Geht klar“ umdrehte und mit beschwingtem Gang in Richtung Bar lief, meldete sich ein bewusstes Körperteil von mir, wieder recht vernehmlich zu Wort.Soviel zu meinem Vorhaben, mich von ihrem Aussehen weniger beeindrucken zu lassen. Herr im Himmel, gib mir die Kraft dieser Versuchung zu widerstehen.

Aber wenigstens war ich jetzt nicht der einzige, den das betraf. Ein Großteil der Typen, die an den Tischen saßen, an denen sie vorbei lief, blickten ihr begehrlich hinterher. Und das, obwohl ein paar von ihnen neben ihren weiblichen Begleiterinnen saßen. Einer rutschte sogar von seinem Stuhl, weil er sich seitlich soweit raus lehnte, um noch einen Blick auf Bellas Hinterteil zu erhaschen.

Ein paar Minuten später, kam sie mit unseren Getränken zurück. Geschickt manövrierte sie sich mit dem Tablett durch die Menge. Lächelnd stellte sie jedem von uns ein Bier hin, während sie sich selber ein großes Glas mit einer hellen Flüssigkeit hinstellte.

War das etwa Wasser?

Wir stießen alle zusammen an und ich grübelte, warum sie nur Wasser trank. Nicht, dass es mich störte, im Gegenteil, aber es war doch recht ungewöhnlich. Vermutlich war ihr Getränk das einzig alkoholfreie, was der Barkeeper heute bisher ausgeschenkt hatte.

Der ganze Abend war wiedererwartend wirklich lustig mit den Jungs und Bella. Sie redeten über Sport und irgendein Konzert, welches sie zusammen in ein paar Wochen besuchen wollten. Irgendwie hatte wohl Bella einen guten Draht zu einem Musiker, der zu der Vorband gehörte, die dort auftraten. Emmett setzte seinen ganzen Charme ein, um sie zu überzeugen, ihm auch Backstage Pässe zu besorgen. Da er dabei schon ein paar Bier intus hatte, war es wirklich niedlich, wie er versuchte, sie um den Finger zu wickeln. Sie spielte mit und tat so, als würde sie das nicht hinbekommen, obwohl ihr Kichern und Zwinkern in Jaspers Richtung deutlich darauf hindeutete, dass es eigentlich kein Problem darstellte. Es war sehr amüsant den beiden zuzusehen. Emmett versprach ihr im Gegenzug das Blaue vom Himmel herunter.

Jasper warf zwar zwischendurch einmal ein, dass Emmett ihn ja auch selber fragen könnte, wenn er sein Tattoo stechen ließ, aber er winkte ab und brummte, dass es nicht dasselbe sei.

Ich horchte auf. Emmett wollte sich ein Tattoo stechen lassen? Ich hatte mich sowieso schon gewundert, dass ich an ihm nichts dergleichen gesehen hatte, aber anscheinend wollte er das gerade ändern. Aber was hatte das mit dem Konzert und den Pässen zu tun?


Ich hoffte noch mehr darüber zu erfahren, aber leider sprang Bella in diesem Moment plötzlich auf, schrie irgendwas von „ich muss tanzen“, schnappte sich Jake und stürmte förmlich zur Tanzfläche. Dabei rief sie Emmett noch schnell zu, dass sie ihm die Pässe besorgen würde, was von ihm mit einem zufriedenen Seufzen quittiert wurde.

Bella und Jake erreichten die menschenleere Tanzfläche, noch bevor das Intro des Songs beendet war. Sofort war die Aufmerksamkeit der umliegenden Tische, und auch meine, auf die Beiden gerichtet.

Ich kannte den Song nicht, aber konnte mir nicht wirklich vorstellen, wie man zu dem Beat tanzen sollte. Meine Tanzerfahrung beschränkte sich aber auch bloß auf einem klassischen Tanzkurs, den ich selbstverständlich mit Victoria vor unserer Hochzeit besucht hatte, damit wir danach einen perfekten Hochzeits-Walzer tanzen konnten. Aber Bella und Jake bekamen das hin. Sie stand mit dem Rücken zu ihm und ließ ihren Körper wie Wasser an ihm herunterfließen, ihre Arme bewegten sich dabei im Einklang mit dem Rest ihres Körpers. Jakes Hände lagen dabei auf ihrem Bauch und pressten sie an sich.

Ihre Position war eindeutig sexuell inspiriert, und es war mir ein wenig unangenehm bei solch intimen Bewegungen zuzusehen. Doch ich musste zugeben, dass es eigentlich nicht übertrieben wirkte und irgendwie sogar zur Musik passte

Plötzlich nahm er ihre Hand und schleuderte sie mit einer Drehbewegung von sich weg, um sie danach sofort wieder zu sich zu ziehen. Nur stand sie jetzt mit dem Gesicht zu ihm und sie tanzten so weiter. Es war nicht zu übersehen, dass sie sehr häufig miteinander tanzten und es auch schon öfter zu diesem Song getan hatten. Ihre Bewegungen saßen perfekt und deuteten auf eine erstklassige Ausbildung hin. Auch wenn es vermutlich niemand in dem Laden hier bemerkte, enthielt ihr Tanz viele Elemente, die man nur in einem professionellen Tanzkurs erlernte. Soweit ich das beurteilen konnte.

Der vertraute Umgang der beiden, verursachte mir ein flaues Gefühl in meinem Magen, das ich nicht zuordnen konnte. Aber irgendwie mochte ich es nicht, wie nah sich die beiden waren. Und wie er sie berührte. So vertraut. Für mich, zu vertraut.

„Die haben es wirklich drauf, oder?“, flüsterte Jasper mir grinsend zu. Ich nickte, ohne den Blick von den beiden zu nehmen.

„Du müsstest sie mal im Club tanzen sehen, das ist noch um einiges besser.“

„Sie tanzen im Club? Zusammen?“, fragte ich verwirrt und richtete meinen Blick nun doch auf Jasper.

„Oh ja“, kam es jetzt von Emmett. „Ich sage dir, wenn die Beiden anfangen, sich gegenseitig auszuziehen, da tobt der Saal.“

Sich gegenseitig ausziehen? Gütiger Gott! Unwillkürlich musste ich schlucken. Alleine die Vorstellung ließ den Knoten in meinem Magen immer größer werden. Ich wusste nicht, was mich eigentlich genau daran störte, aber irgendwie konnte ich es nicht ertragen, die zwei so eng miteinander tanzen zu sehen. Obwohl es doch eigentlich ganz normal war. Sicherlich waren sie ein Paar, wenn sie sogar im Club zusammen auftraten. Es war also absolut verständlich und legitim, wenn sie auch hier rumturtelten. Nur weil ich nicht der Typ für so etwas war, mussten andere ja nicht genauso denken. Vielleicht war das auch einfach die Ursache für meine Bauchschmerzen. Ich war eben solche offenkundigen Zärtlichkeiten vor anderen Leuten nicht gewöhnt. Es war eben doch etwas anderes, jemanden darüber reden zu hören, als es mit eigenen Augen zu sehen.

Um mich abzulenken widmete ich mich etwas ausgiebiger meinem Bier. Ziemlich ausgiebig sogar, so dass ich zwei Stunden später in einem Zustand war, in dem ich mich noch nie befunden hatte.

Ich war angetrunken.

Und das war mir so peinlich, denn ich merkte, dass ich teilweise ziemlichen Blödsinn von mir gab, konnte es aber nicht wirklich verhindern. Glücklicherweise waren die anderen in einem ähnlichen Zustand, so dass es keinem auffiel. Außer vielleicht Bella, denn die war total nüchtern. Sie hatte tatsächlich die ganze Zeit nur Wasser getrunken.

Irgendwann schlug sie dann auch vor, dass wir nach Hause fahren sollten. Während Jasper, Emmett und Jake sich gegenseitig stützen mussten, konnte ich wenigstens noch alleine laufen. Allerdings hatte ich auch wohlweislich auf diesen Whisky-Cola-Mix verzichtet, den die anderen Jungs sich in der letzten halben Stunde reingezogen hatten.

Als wir den Laden endlich verlassen hatten, nahm ich erst mal einen tiefen Zug der kühlen Nachtluft, was meinen Zustand ein wenig besserte. Vermutlich hatte auch die sauerstoffarme, rauch- und alkoholgeschwängerte Luft zu meinem beduselten Zustand beigetragen. Jetzt fühlte ich mich schon viel besser.

Blieb nur noch die Frage, wie wir jetzt nach Hause kamen. Emmett hatte ja auf der Hinfahrt irgendetwas von einem Taxi erzählt, aber hier war weit und breit keines zu sehen und ich kannte auch keine der Taxi-Rufnummern. Und Bella und Jake mussten ja auch irgendwie nach Hause kommen. Also folgte ich einfach den anderen, die auf einen einzeln parkenden Wagen zu liefen. Im matten Licht der Straßenlaternen konnte ich nur erkennen, dass es sich um einen Sportwagen handeln musste.

„Okay, Jungs“, kommandierte Bella. „Ihr drei geht nach hinten, Edward kann vorne bei mir sitzen.“

Perplex blieb ich stehen und sah Bella an. „Du fährst uns? Und das ist dein Auto?“ Jetzt verstand ich, warum Emmett so gegrinst hatte. Und warum sie den ganzen Abend über keinen Alkohol getrunken hatte. Sehr verantwortungsvoll.

„Beeindruckend, nicht wahr?“, kam es lallend von Emmett. „Eigentlich gehen wir nur mit Bella weg, damit sie uns nach Hause fährt, aber psst...nisch verraten!“

Bella verdrehte aufgrund des Kommentars die Augen und öffnete mit der Fernbedienung den Wagen.

Während die drei unbeholfen und kichernd auf den Rücksitz kletterten, sah ich mir den Wagen etwas genauer an. Es war ein metallicblauer GTR, an dem noch ein Tuning vorgenommen worden war. Das Auto hatte sicherlich einen Wert von fast 150.000$. Mich bewegten nun zwei Fragen. Erstens, wie sich eine Stripperin ein solches Auto leisten konnte, und zweitens, warum sie den Wagen einfach so auf der Straße stehen ließ. Gegen den Wagen waren alle Autos drum herum nur alte Schrottkarren. Er lud doch förmlich ein, gestohlen zu werden.

Vorsichtig ließ ich mich in den Sitz gleiten. Die Innenausstattung war ebenfalls beeindrucken. Leder. Chrom. Eine ausgefeilte Musikanlage. Der Preis lag vermutlich noch über den 150.000$. Bella startete röhrend den Motor und ich schnallte mich schnell mit dem Fünf-Punkt-Gurt an. Was auch gut war, denn sie schoss förmlich aus der Parklücke, was mich in den Sitz drückte und die Passagiere im Fond zum Juchzen brachte.

„Wehe, einer von euch kotzt“, knurrte sie und warf einen bösen Blick in den Rückspiegel nach hinten.

„Nieeeeeee“, kam es dreistimmig von hinten.

„Gucken wir doch mal, ob Chief Swan Dienst hat?“, kam es von Emmett, der sich vorlehnte und mit seinen Händen in meinen Haaren rumwuschelte. Eine alkoholische Dunstwolke umnebelte mich. Meine Güte, wie viel hatte der denn getrunken?



„Natürlich“, kicherte Bella, „deswegen sind wir doch hier, oder?“ Sie drückte einen Knopf an der Musikanlage und laute Rockmusik dröhnte aus den Boxen.

Lächelnd richtete sie den Blick wieder auf die Straße und fuhr aus der kleinen Seitenstraße hinaus und in Richtung des Freeways. Ihr Fahrstil war, gelinde gesagt, ziemlich rasant. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit wurde eigentlich ständig um wenigstens 20 Meilen überschritten. Ampeln und Stoppschilder waren zwar vorhanden, wurden aber geflissentlich ignoriert. Allerdings herrschte auch kaum Verkehr um diese Uhrzeit und wenn wirklich mal ein einzelnes Fahrzeug aus einer der anliegenden Straße kam, trat sie mal kurz auf's Gas und schoss rasant an ihnen vorbei.

Innerhalb von ein paar Minuten waren wir aus der Stadt raus und auf dem Freeway. Dort überschritt sie die Höchstgeschwindigkeit um fast das Doppelte. Aber mein Verstand war zu alkoholumnebelt, um Angst zu empfinden.

Plötzlich drosselte sie das Tempo deutlich und hupte laut. Ich blickte zur Seite und erkannte einen Polizeiwagen, der am Straßenrand versteckt, auf Patrouille stand. Sofort flammten seine Lichter auf und er begann sofort, uns zu verfolgen. Natürlich mit Blaulicht und Sirene. Ganz nach Vorschrift.

Hatte sie ihn wirklich absichtlich provoziert, damit er uns folgte? Es würde kein Problem für sie darstellen, ihn abzuhängen, aber er hatte sicherlich ihr Kennzeichen und würde sie so trotzdem ausfindig machen können.

Bella fuhr absichtlich langsam und ließ sich von dem Polizisten verfolgen, während die drei Grazien auf dem Rücksitz sich freuten wie die Schneekönige.

Auch wenn es eigentlich gegen meine Berufsehre ging, war es doch irgendwo amüsant, wie sie mit dem Cop hinter uns Katz und Maus spielte. Sie ließ ihn oft fast überholen, um dann wieder Gas zu geben und ihn abzuhängen. Der Fahrer war sicherlich sehr frustriert. Wenn ich es vorhin richtig verstanden hatte, war es ja auch nicht das erste Mal, dass sie so etwas taten.

Auf einmal ließ sie sich aber richtig zurückfallen und ihn überholen. Sofort blinkte uns das „Bitte folgen“ Schild entgegen und er fuhr vor uns an den Straßenrand. Und Bella brav hinterher. Was ich nicht so richtig verstand. Was hatte sie jetzt vor? Sie würde einen saftigen Strafzettel bekommen, wenn nicht noch Schlimmeres.

Kaum standen wir am Straßenrand, hörte ich in einiger Entfernung Sirenen. Anscheinend hatte der Officer Verstärkung gerufen. Bella machte das Licht aus, ließ aber den Motor weiter an, während Emmett, Jasper und Jake hinten laut anfingen „Tatütata“ zu grölen. Mir wurde das langsam unheimlich. Jeder hier wusste Bescheid, nur ich natürlich wieder nicht.

„Seid ihr auch alle angeschnallt?“, fragte sie plötzlich nach hinten und ein lautes „Nein“, ertönte als Antwort. „Würdet ihr euch dann bitte anschnallen?“, setzte sie mit Blick in den Rückspiegel hinzu. „Ja, Mama“, kam es brav von hinten und ich hörte, wie die Gurte rausgezogen wurde und einklickten.

Ich verstand nicht wirklich, warum sie sich jetzt darüber noch Sorgen machte. Der Strafzettel wegen ihrer rüden Fahrweise wog mit großer Sicherheit schwerer, als nicht angeschnallte Beifahrer. Im Seitenspiegel sah ich bereits die Lichter der herannahenden Streifenwagen. Und der Officer vor uns, schien sich gerade auch aus dem Wagen zu bequemen.

„Willst du nicht schon mal deinen Führerschein heraus suchen?“, fragte ich an Bella gewandt.

Sie drehte den Kopf zu mir und grinste. „Edward, ich hab nicht mal eine Sozialversicherungsnummer und der Wagen ist nicht offiziell zugelassen. Da erwartest du nicht wirklich, dass ich einen Führerschein besitze, oder?“

Verblüfft starrte ich sie an. Sie hatte keinen Führerschein? „Aber was passiert dann jetzt?“

„Jetzt?“, sie zeigte mir ihre strahlend weißen Zähne und legte ihre Hand auf den Schaltknauf. „Jetzt geht der Spaß erst richtig los.“ Im nächsten Moment fuhr sie mit durchdrehenden Rädern rückwärts an, genau auf die beiden sich nähernden Streifenwagen zu.

Herr im Himmel.....

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