Freitag, 13. Januar 2012

SML - 68 - war is overdue

68 war is overdue


Einen Moment lang starrte ich Ahab nur ungläubig an, denn ich hatte wirklich nie im Leben damit gerechnet, dass er tatsächlich so einfach nachgeben würde. Eigentlich war es nur ein Versuch gewesen, um mir selber sagen zu können, dass ich alles probiert hatte.

„Was ist denn nun?“, fragte er etwas ungeduldig, „willst du jetzt etwa nicht mehr?“

„Do... doch“, stammelte ich und wollte schon durch die offene Tür treten, doch er hielt mich auf.

„Warte und hör kurz zu“, er räusperte sich, „als Erstes ziehst und entsicherst du deine Waffe. Wenn irgendeiner auf dich zielt, drück ab. Ohne nachzudenken. Falls ich es nicht schon getan habe. Bleib immer dicht bei mir und wenn ich renne, folgst du mir, wenn ich mich ducke, tauchst du ebenfalls ab, okay?“

Ich nickte und zog meine Waffe heraus. Mit zittrigen Händen drückte ich den Entsicherungshebel.

„Ruhig, Edward“, er legte seine Hand beruhigend auf meine, „ich hab keinen Bock, dass du aus Versehen mich erschießt. Das da unten wird kein Spaziergang, zugegeben, aber auch nicht das Ende der Welt. Wir werden uns nicht direkt ins Geschehen begeben, sondern einen Platz suchen, wo du sie sehen kannst und wir in Deckung sind, in Ordnung? Die Hauptsache ist, dass du genau das tust, was ich dir sage, davon hängt da unten dein Leben ab. Soweit alles klar?“

Langsam drehte ich den Kopf zu ihm und nickte langsam. „Alles klar.“

„Dann lass uns loslegen“, er nahm die Hand runter und begann, seine Waffe schussbereit vor sich haltend, langsam die Treppen hinunter zu gehen. Ich folgte ihm auf dem Fuße.



Das Treppenhaus lag im Inneren des Gebäudes und war komplett fensterlos. Trotzdem konnte man auch dort dumpf die Kampfgeräusche von draußen wahrnehmen, spürte man auch hier die Vibrationen, die durch die Detonationen hervorgerufen wurde. Es war wirklich so, wie man sich als Laie den Krieg vorstellte und ich bekam eine Heidenangst vor dem, was uns gleich da draußen erwarten würde. Ich betete inständig, dass uns nicht hinter der Ausgangstür gleich eine tote Bella erwarten würde.

Eigentlich wusste ich zwar, dass das unmöglich war, aber mein Herz klopfte mir trotzdem bis zum Hals. Ich hatte Angst. Todesangst. Aber weniger um mich, vielmehr um Bella. Denn sie noch einmal zu verlieren, würde ich nicht überstehen. Dann würde ich auch sterben wollen, auch wenn das total egoistisch unserer Tochter gegenüber wäre. Aber Bella war der Mittelpunkt meines Lebens, mein Dreh- und Angelpunkt, ohne den ich verloren war.

Innerhalb kürzester Zeit erreichte wir, ohne jemandem zu begegnen, das Erdgeschoss und traten durch die Tür, die durch einen Code gesichert war, ins das Foyer. Durch die raumhohen Verglasungen des Eingangsbereiches, konnte ich einen ersten Blick nach draußen werfen.

Keine Bella in Sicht.

Dafür eine Unmenge anderer Personen, Feuerschein und dicker, schwarzer Rauch, der aus jeder Ecke zu quellen schien.

Direkt vor dem Ausgang war niemand zu sehen, erst in etwa hundert Metern Entfernung, standen mehrere unserer Jungs und lieferten sich augenscheinlich ein heftiges Feuergefecht mit der gegenüberliegenden Seite.

Den Eingangsbereich und das Loch, was in die Umgrenzungsmauer gesprengt worden war, hatte ich von hier aus nicht im Blick, da es von einigen flachen Gebäuden verdeckt wurde.

Ich folgte Ahab, der in geduckter Haltung in Richtung Ausgang lief. Schnell schlüpften wir durch die Tür und waren nun mitten im Geschehen.

Augenblicklich wurde ich von einem unbändigem Gestank überrollt, der meinen Magen nahezu kollabieren ließ. Ich wusste nicht genau, was da so stank, aber es war wirklich übelkeitserregend.

„Atme nur durch den Mund, dann wird es ein wenig besser“, kam es von Ahab, der direkt die unmittelbare Umgebung genau in Augenschein nahm.

Japsend öffnete ich den Mund und begann langsam durch den Mund zu atmen, was es aber auch nicht wirklich besser machte. Egal was das war, man konnte es förmlich auf der Zunge schmecken. Und es war extrem widerlich.

Langsam bewegten wir uns, immer dicht am Gebäude bleibend, mehr in Richtung des Eingangs, bis uns plötzlich eine Explosion aufschrecken ließ. Also mich, denn Ahab wendete einfach nur den Kopf in die Richtung und murmelte etwas, was wie „Verdammt“ klang.

Im nächsten Moment sprintete er los und ich blieb ihm dicht auf den Fersen, was mit meiner Kondition gar nicht so einfach war. Irgendwie schien ich Elefantengene in mir zu haben, während bei ihm sicher Gazelle oder Gepard dabei war.

Hinter einem kleinen Gebäude gingen wir wieder in Deckung, als eine erneute Explosion die Erde erschütterte.

„Die sind dabei, sich einen zweiten Zugang zu schaffen. Du bleibst jetzt hier stehen, während ich das eben kläre, klar?“, Ahab sah mich mit einem Blick an, der jeden Widerspruch im Keim erstickte.

Ich nickte einfach nur japsend, durch den kurzen Sprint hatte ich Seitenstechen und gegen eine kleine Pause überhaupt nichts einzuwenden. Er würde schon wissen, was er tat.

Während ich durchatmete, rannte er schon wieder los und auf die Jungs zu, die in etwa hundert Metern den Eingang absicherten. Mit einem halben Dutzend von ihnen im Schlepptau, rannte er dann wieder an mir vorbei und auf die Stelle zu, von der die Detonationen ausgegangen waren.

Vorsichtig spähte ich um die Ecke und sah mit Erschrecken, dass es mittlerweile eine weitere Öffnung in der Grundstücksmauer gab, durch die sich gerade ein Schwall Angreifer auf das Grundstück ergossen. Allerdings fielen die ersten auch gleich wieder um wie die Fliegen, da Ahab und die anderen im Laufen schon auf sie feuerten und die Gegner, Gott sei Dank, viel zu überrascht waren, um gleich zu reagieren.

Doch, nachdem der erste Schreck vorbei war, begannen auch sie zu feuern und zwei von unseren Jungs gingen getroffen zu Boden. Ich konnte nicht sagen, ob die Verletzungen tödlich waren, aber es verursachte mir so oder so Bauchschmerzen.

Ahab war indes so nah an den Angreifern dran, dass er seine Pistole einsteckte und gegen zwei Messer eintauschte, die er immer griffbereit an seinen Beinen befestigt hatte. Ohne anzuhalten, rannte er einfach in den Trupp hinein und wirbelte durch sie hindurch, bis einer nach dem anderen zusammen brach. Selbst aus der Entfernung konnte ich das Blut sehen, was aus den zugefügten Wunden spritzte und sich dann auf das Betonpflaster ergoss.

Inzwischen hatte seine Verstärkung ebenfalls die Außenwand erreicht und halfen ihm, die eindringenden Gegner zurückzudrängen.

Es war wieder einmal unglaublich, ihm zuzusehen. Er schien überhaupt keine Angst zu kennen. Seine Gegner waren ja schließlich auch bewaffnet und hatten sicherlich eine ähnliche Ausbildung genossen wie er. Und sie waren in der Überzahl. Also war es doch wenigstens theoretisch möglich, dass ihn einer verletzte oder gar tötete, denn selbst er konnte seine Augen nicht überall haben. Aber anscheinend hoffte er darauf, dass sie wenigstens nicht schießen würden, so lange er sich mitten unter ihnen befand. Und sich gegen ihn zu wehren, ohne jemanden von den eigenen Leuten aus Versehen zu erwischen, stellte ich mir auch schwierig vor, denn er stand ja nicht eine Sekunde still, sondern wirbelte unentwegt hin und her.

Trotz der enormen Geschwindigkeit, mit der er sich bewegte, war trotzdem alles was er tat präzise. Dafür sprach ebenfalls, dass jeder, dem er mit den Messern zu nahe kam, danach verletzt zu Boden ging. Keine Ahnung, ob die dann alle direkt tot waren, aber außer Gefecht gesetzt auf jeden Fall.

So ein wenig mulmig wurde mir dabei jetzt doch, denn irgendwie hatte ich mir das Ganze nicht so schlimm vorgestellt. Es war eben alles so unwirklich, solange man nicht selber mittendrin war. Selbst vom Dach aus, war es irgendwie noch so weit weg gewesen. Ich hatte mir zwar schon im Vorfeld Gedanken wegen den ganzen Toten gemacht, aber es hier von nahem zu sehen, war dann doch noch eine Nummer schlimmer.

Denn mittlerweile zweifelte ich nicht mehr wirklich daran, dass die Gegner, die Ahab zu Boden beförderte, mehr tot als lebendig waren. Vielleicht waren sie nicht sofort tot, aber durch die Verletzungen und dem daraus resultierenden Blutverlust, würden sie wohl nicht mehr lange durchhalten.

Das ganze Spektakel dauerte nur einige Minuten und mir wurde ganz schwindelig beim Zusehen. Als unsere Jungs es am Ende geschafft hatten, die Angreifer zurückzudrängen, atmete ich erleichtert auf. Die Öffnung wurde notdürftig mit einigen losen Türen aus den umliegenden Gebäuden verschlossen, und die vier Überlebenden positionierten sich als Wache dahinter.

Ahab kam zu mir zurückgejoggt und bedeutete mir, ihm zu folgen. Der Kampf war an ihm auch nicht spurenlos vorübergezogen. Das Blut, was seine Kleidung zierte, schien glücklicher Weise nicht alles sein eigenes zu sein, aber seine Kleidung war an mehreren Stellen zerrissen und sein Gesicht sah auch etwas mitgenommen aus. Aber er hatte schon wieder einen Lolli im Mund, also konnte es nicht allzu schlimm gewesen sein.

Wir liefen gemeinsam zu der Stelle, wo sich der offizielle Ausgang, ein schweres Stahltor, befand. Dort war noch alles ruhig, anscheinend interessierte sich bisher niemand dafür. In dem großen Tor befand sich eine kleinere Tür, deren Schloss Ahab mit einem Dietrich öffnete und dann vorsichtig hinausspähte. Plötzlich zog er mich am Kragen schnell durch die Tür und ließ sie hinter uns wieder ins Schloss fallen. Etwas entsetzt sah ich ihn an, doch er grinste nur. „Zeitabhängiger Sprengsatz, geht nur hoch, wenn die Tür mehr als drei Sekunden offen steht, aber dann fliegt dir hier alles um die Ohren.“

Mit weit aufgerissenen Augen sah ich mich um. Wenn man genau hinsah, konnte man in der Grasnarbe, direkt neben der asphaltierten Zufahrtsstraße, kleinere Unebenheiten erkennen. Und das auf mehreren Metern Länge. Das mit dem „alles um die Ohren fliegen“ hatte er wirklich ernst gemeint.

Nach und nach nahm ich auch den Rest der Umgebung war und erkannte mit Schrecken, das gesamte Ausmaß des Kampfes. Es sah wirklich aus wie auf einem Schlachtfeld.

Durch die Detonationen der versteckten Sprengsätze, waren richtige Krater in die Erde gerissen. Überall lag Geröll und Schutt. Dazwischen waren irgendwelche Metallklumpen zu erkennen, die wohl mal Autos gewesen waren. Jetzt waren sie nur noch ein Haufen Schrott und ihre Einzelteile waren in alle Himmelsrichtungen zerstreut. Zwischen all dem Metall und dem Schutt waren einzelne Körper, beziehungsweise Körperteile zu erkennen. Auch wenn ich aus der Ferne nur erkannte, dass es sich um einen einzelnen Arm oder ein Bein handelte, wurde mir trotzdem ziemlich flau im Magen. Näher wollte ich da bestimmt nicht ran.

So viele, die ihr Leben lassen mussten. Wegen uns. Wegen Bella Und nicht zu vergessen wegen diesem Großkotz von Aro.

In diesem Moment machte sich eine unbändige Wut in mir breit.

Ich HASSTE diesen Aro, auch wenn ich ihn noch nie zuvor gesehen hatte.

Hasste ihn dafür, was er Bella und Jake angetan hatte. Hasste, dass er Bellas Eltern hatte töten lassen, nur um einen Erben zu bekommen. Dass er ihr und Jake skrupellos die Kindheit genommen und sie von Kindesbeinen an gedrillt hatte.

Hasste, dass er Bella im Laufe der Jahre hierzu getrieben hatte, dass sie töten MUSSTE, damit wir überleben konnten. Dass sie sich in Gefahr begeben musste, dass sie alles auf's Spiel setzte.

Nur um ihn zu töten.

Ich verstand mittlerweile genau, dass sie nicht zur Ruhe kommen konnte, ehe er tot war, denn mir ging es nicht anders. Noch nie im Leben hatte ich einen solchen Wunsch verspürt, niemals jemandem den Tod gewünscht. Aber in diesem Moment wünschte ich mir nichts sehnlicher, als dass Aro endlich das Zeitliche segnen und wir unsere Ruhe haben würden.

Das wir endlich eine Familie sein konnten.

Als ich meinen Blick weiter umher schweifen ließ, konnte ich dann auch endlich meine Frau im Kampfgetümmel erkennen und mein Herz blieb mir fast stehen.

Denn Bella kämpfte, natürlich zusammen mit Jake, face to face gegen ihre Gegner. Dabei war sie, bis auf ein Messer, das sie entlang ihres rechten Unterarmes hielt, komplett unbewaffnet. Und Jake ebenso.

„Oh mein Gott“, entfuhr es mir und ich wollte schon zu ihr zu rennen, denn das konnte sie doch nicht tun, so ungeschützt mitten auf dem Feld ...

Doch Ahab's Griff an meiner Schulter hielt mich eisern fest. „Bleib hier. Sie kann dich da jetzt nicht gebrauchen.“

„Aber“, begann ich zu protestieren, „das geht doch nicht. Ich kann sie doch da nicht so ungeschützt lassen... wir müssen etwas tun, sonst könnte sie jemand einfach so erschießen!“ Zum Ende hin wurde ich richtig laut, denn ich war kurz vor einer Panikattacke. Bella sprang ungedeckt und nahezu unbewaffnet zwischen einen Meute von Gegnern herum. Jake und sie töteten zwar auch unentwegt welche, aber es schien fast eine unendliche Anzahl an Ersatzleuten zu geben, die sich auch alle auf die Beiden zu stürzen schienen.

„Ruhig, Edward“, sein Griff lockerte sich nicht im Geringsten. „Keine Panik. Erstens passt Sally von oben auf sie auf, und zweitens wird es keiner riskieren, sie zu erschießen. Genauso wenig wie sie will, dass Aro was passiert, bevor er ihr in die Hände gerät, ist es auch andersherum. Diese ganzen Typen hier haben nur ein Ziel: Isabella LEBEND Aro vor die Füße zu werfen, nicht tot. Sie selber zu töten, will er als sein privates Vergnügen haben. Doch da macht ihm Bella einen Strich durch die Rechnung. Also lass ihr doch ein wenig Spaß.“

„Spaß…?“, ich sah für ein paar Sekunden zu Bella und Jake, die wie zwei tödliche Wirbelwinde durch die Gegend flogen, dann zu Ahab, der mich angrinste. Er war ganz gelassen.

„Spaß“, wiederholte ich seufzend und entspannte mich ein wenig.

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