Samstag, 1. Oktober 2011

SML - 58 - crash bum bang

58 crash bum bang


Sally hatte eine kleine Schwester? Davon hatte mir Bella ja noch nie was erzählt. Allerdings hatte ich ja auch nie danach gefragt. Und es war natürlich furchtbar, dass sie jetzt in den Händen von Aro war. Ich wollte mir gar nicht ausmalen, was die wohl mit ihr anstellen würden, wenn Sally nicht kooperierte. Und das tat sie gerade überhaupt nicht.

„Wir soll’ten uns long'sam etw’as in Sischer’eit bege’ben“, warf Sally jetzt deutlich drängender ein, „wenn der Ta’nk gleisch 'ochgeht.“

Bella nickte abwesend. „Gute Idee. Hast du denn eine Ahnung, von wo sie Lucie herbringen wollen?“

Sally schüttelte den Kopf. „Lei’der nischt“, traurig sah sie zu Jake, der sie aufmunternd anlächelte und dann tröstend in die Arme schloss.

„Wir finden sie, chérie“, versuchte er sie zu beruhigen, aber auch er sah eigentlich eher beunruhigt aus, als zuversichtlich.

„Und was, w’enn nischt? Isch kö’nnte mir das nie ver’zei’en, wenn i’r etwas pass’iert. Sie ist doch noch so jung“, kummervoll ließ sie ihren Kopf an seine Schulter sinken. Und es war für mich wirklich befremdlich, sie so zu sehen. Was Bella mir bisher so über sie erzählt hatte und das, was ich mittlerweile mit eigenen Augen von ihr gesehen hatte, deutete alles auf eine starke Persönlichkeit hin. Jemanden, der furchtlos und stark war. Aber das bezog sich nur auf das eigene Leben. Wenn es um ihre Familie und deren Wohlergehen ging, war sie wie jeder andere von uns - verletzlich...

Und was hieß da überhaupt jung? War ihre Schwester etwa noch ein Kind?

Ich fand es wirklich abartig von Aro, sie als Druckmittel zu missbrauchen. Aber wenn er das geplant hatte, musste er doch irgendwie geahnt haben, dass Sally ihm nicht ganz treu zur Seite stand. Oder vertraute er grundsätzlich nie jemandem in seiner Nähe?

„Ahab“, sprach Bella betont ruhig, „gib mir mal bitte die Karte.“ Angesprochener trat auf sie zu und reichte ihr wortlos eine zusammengefaltete Karte, die Bella sofort auseinanderklappte und stirnrunzelnd betrachtete.

„W‘er ist das de‘nn? Kennen w‘ir uns?“, fragte Sally ein wenig schniefend und sah fragend zu Ahab, dem ihr prüfender Blick irgendwie unangenehm zu sein schien.

„Sally.... Ahab.... Ahab.... Sally”, kam es von Bella. Sie wedelte dabei zwischen den Beiden hin und her, ohne dabei von der Karte aufzusehen.

„E‘twa DER A‘ab?“, hakte sie sofort nach und legte den Kopf dabei leicht schief. Ihr Blick wurde noch ein wenig bohrender, wenn das überhaupt möglich war. Was Ahab wiederum ein wenig zurück zucken ließ. Ok, SO kannte ich ihn jetzt aber noch nicht. Seit wann war er denn so schnell einzuschüchtern…? Darüber musste ich schon ein wenig grinsen, auch wenn die Situation sehr ernst war.

„Yepp“, machte Bella, die Nase immer noch tief in der Karte vergraben und zog dann an Jakes Ärmel, um seine volle Aufmerksamkeit zu erlangen.

Während Jake seinen Blick nun auch auf die Karte lenkte, überbrückte Sally derweilen schnell den Abstand zu Ahab und zog ihn in eine feste Umarmung. Und damit überrumpelte sie ihn schlichtweg. Er hatte überhaupt gar keine Chance, sich dagegen zu wehren.

„Du ’ast mei’ner Klein’en mal das Le’ben gerettet, nischt wahr?“, Sally hatte ihre Hände an seine Wangen gelegt und sah ihn ernst an. „Und du pa'sst auf i'ren Ed'ward auf, nes pas?“

Ahab blieb stocksteif stehen und nickte nur mechanisch. Er sah aus, als ob er am Boden festgewachsen wäre. Und sein Gesicht…es war zum Totlachen…

„Da’für ’ast du bei mir was gut, chérie“, entgegnete sie, zog ihn zu sich runter, drückte ihm einen Kuss auf die Wange und ließ ihn wieder los, um sich nun ebenfalls der Karte zu zuwenden. Belustigt sah ich zu Ahab, dessen Gesichtsfarbe jetzt leicht ins Rote tendierte und der sich mit der Handfläche verlegen über die Wange wischte. Anscheinend gab es in diesem Leben doch etwas, wo er mal nicht ganz Herr der Lage war.

„Okay“, kam es nun entschlossen von Bella und ich schenkte ihr wieder meine volle Aufmerksamkeit. „Ich denke, ich weiß aus welcher Richtung sie herkommen werden. Hoffen wir mal, dass Aro sie nicht angerufen und gewarnt hat, so dass sie umdrehen. Also, los geht’s. Reißen wir ihnen mal richtig den Arsch auf...“, entschuldigen sah sie in meine Richtung, doch ich grinste ihr nur aufmunternd an. So mochte ich mein Mädchen…

Innerhalb einer Minute, saßen wir alle wieder im Wagen. Sally saß mit vorne zwischen Jake und Bella, ihre Hand lag auf Jakes Bein und den Arm hatte sie um Bellas Schultern gelegt. Sie schien sehr froh zu sein, wieder bei ihnen zu sein und andersrum war es wohl genauso. Ich selber saß wieder hinten mit Jasper und Ahab, die restlichen Jungs saßen mit Sam im zweiten Wagen.

Röhrend startete Jake den Motor und raste den Hügel wieder herunter in Richtung Straße. Wir waren noch nicht sehr weit gekommen, als ein ohrenbetäubender Knall die Erde erzittern ließ. Das musste wohl der Tank gewesen sein, von dem Sally gesprochen hatte. Ich hoffte, er hatte so viel Schaden wie möglich angerichtet, so dass niemand uns verfolgen konnte.

„Hoffen wir bloß, dass Aro das überlebt hat…wäre doch echt schade um ihn…“, murmelte Jake grinsend und Sally knuffte ihn spielerisch in die Seite. „Dafür ’ab isch schon ge’sorgt, keine An’gst. Isch wi'll eusch do'ch nischt den Spaß ver'derben!“

In halsbrecherischer Geschwindigkeit fuhren wir wieder durch die kahle Landschaft. Stellenweise war die Straße nicht mal geteert, so dass wir eine kleine Staubwolke hinter uns herzogen. Plötzlich fuhr Jake wieder auf einen nahegelegenen Hügel. Den Wagen parkte er wieder so, dass er von der gegenüberliegenden Seite nicht zu sehen war.

Diesmal blieben bis auf Ahab und Bella alle im Wagen, während die zwei auf einen Felsen kletterten und sich mit Ferngläsern umsahen. Nach ein paar Minuten kamen sie zurück und laut ihrem Gesichtsausdruck, hatten sie gute Neuigkeiten.

„Von Norden her nähern sich drei leicht gepanzerte Fahrzeuge“, Bella lehnte sich an das offene Wagenfenster der Beifahrerseite, während Ahab in Richtung Kofferraum weiterging und sich dort zu schaffen machte. „Ich wette in einem ist sie drin. Aro braucht sie schließlich immer noch. Und jetzt, nach Sallys offenem Überlaufen, erst recht. Er denkt, wenn er Lucie bei sich hat, werden wir sie holen kommen. Dann will er die Falle zuschnappen lassen und hätte uns direkt alle drei. Nur, dass wir es nicht so weit kommen lassen werden. Wir werden sie vorher schon stoppen und Lucie rausholen. Sally, du musst uns von hier oben absichern. Jake, Ahab und ich gehen runter. Alle anderen bleiben bei dir, ist das okay?“

Sally nickte zustimmend und Bella legte ihr mitfühlend eine Hand auf den Arm. Ihr Blick war immer noch besorgt. Ich konnte sie gut verstehen, denn wäre es Alice, um die es hier gehen würde, würde es mir mit großer Wahrscheinlichkeit genauso gehen.

„Süße, wir werden nicht zulassen, dass ihr etwas passiert. Vertrau uns einfach. Sie gehört schließlich fast schon zur Familie“, dann sah sie zu Jake, der sich nun anschickte, auch auszusteigen. „Bereit für ein wenig Action?“

Innerhalb von ein paar Minuten war alles vorbereitet. Jake und Ahab waren mit mehreren Rollen Stacheldraht hinunter zur Straße gelaufen und hatten dort irgendwelche komischen Dinger damit gebaut. Keine Ahnung, was das gegen gepanzerte Wagen bringen sollte, aber die zwei würden es schon wissen. War ja schließlich nicht ihr erster Einsatz dieser Art.

Mittlerweile waren die sich nähernden Fahrzeuge, auch schon anhand der Staubwolke ohne Fernglas gut zu erkennen. Sally stand ebenfalls auf ihrer Position, ein Gewehr im Anschlag, mit wild entschlossenem Blick. Jasper hatte sich auch mit einem der Gewehre bewaffnet. Er schoss zwar lange nicht so gut wie Sally, aber Bella hatte gemeint, zum Einschüchtern ihrer zahlenmäßig überlegenen Gegner würde es sicher ausreichen. Er solle nur auf genug Abstand zwischen seinen Kugeln und ihnen achten.

Jake, Ahab und Bella waren jetzt, nahe der Straße, hinter einigen dichten Büschen versteckt.

Mir war etwas mulmig. Denn ich konnte wiedermal nichts anderes tun, als warten und hoffen, dass die Menschen, die ich liebte und die mir wichtig waren, wohlbehalten bei dieser ganzen Sache raus kamen.

Die Fahrzeuge kamen immer näher und mir war nicht genau klar, wie sie die eigentlich stoppen wollten. Der Stacheldraht, der mitten auf der Straße platziert worden war, konnte doch nichts in der Art bewirken, oder?

Und es waren ja auch schließlich drei, sicherlich vollbesetzte, gepanzerte Fahrzeuge. Und ihnen entgegen, standen lediglich drei einsame Hanseln. Gut, es waren perfekt ausgebildete Hanseln, aber trotzdem war das hier definitiv eine Art Himmelsfahrtkommando. Da war ich mir sicher und die drei sahen auch dementsprechend angespannt aus. Bella und Ahab hatten beide schon ihre Waffen gezogen und warteten, hinter einem Busch hockend, auf das, was da auf sie zu rollte. Sie sahen fast völlig identisch aus, was ihre Haltung anging: die Waffe mit beiden Händen nach oben haltend, den Finger am Abzug, der aufmerksame Blick auf die Straße, bereit hervorzuspringen und sich dem Unvermeidlichen zu stellen. Was irgendwie verdammt cool aussah. Fand ich.

Jake war alleine etwas weiter vorne versteckt und hatte die Hand wie immer an seinem Messer. Ihm wollte ich in so einer Kampfsituation auch nicht als Gegner gegenüberstehen müssen.

Es vergingen bange Minuten, ehe die Wagen um die letzte Biegung, die etwa 500 Meter weit entfernt war, bogen und sich uns mit hohem Tempo näherte.

„Okay“, kam es von Sally, „Jas’per, du versu’chst ein’fach die Rei’fen zu tref’fen, und ein biss’chen rumzu’ballern. Mach ru’hig ein wen‘ig Lärm…das len‘kt sie von den an‘dern ab.“

Jasper nickte ihr ernst zu und legte ebenfalls sein Gewehr an. Er war sehr angespannt, das konnte ich spüren.

Ein paar Sekunden später, erreichte das erste Fahrzeug die Türme aus Stacheldraht, die Jake und Ahab auf der Straße positioniert hatten. Und erst mal passierte … gar nichts. Aber ein paar Meter weiter blieb das Fahrzeug plötzlich einfach stehen. So wie es aussah, hatte sich der Stacheldraht so um die Achsen des Fahrzeuges gewickelt, dass diese völlig blockiert waren. Genial!

Fast sofort wurden von innen die Wagentüren aufgerissen und einige dunkel gekleidete Kerle sprangen heraus, um nach dem Rechten zu sehen. Was sie allerdings sofort mit ihrem Leben bezahlten, denn Bella und Ahab zögerten keine Sekunde, sondern sprangen aus ihren Verstecken heraus und stürmten, unablässig feuernd, auf den ersten Wagen zu. Jake nahm sich derweil schon den zweiten Wagen vor, natürlich immer gedeckt von Sally, die ebenfalls keine Gefangenen machte.

Es war faszinierend und beunruhigend zugleich, die drei so zu beobachten. Wobei ich gar nicht wusste, wohin ich zuerst hinsehen sollte, denn es ging alles so verdammt schnell da unten. Ich durfte mir auch gar nicht vorstellen, dass auch jede Sekunde, einer von ihnen verletzt oder sogar tot sein könnte. Also verwarf ich den Gedanken schnell wieder. Ich könnte es sonst nicht ertragen, hier so nutzlos einfach abzuwarten.

Ahab und Bella metzelten derweil, systematisch die Insassen des Wagens mit gezielten Schüssen nieder. Es war einfach nur atemberaubend, mit welcher Schnelligkeit und gleichzeitigen Präzision die zwei schossen. Nicht mal zum Magazin wechseln hielten sie an, sondern erledigten das gleich mitten im Laufen. Jeder Handgriff saß blind und das rettete ihnen auch den Arsch. Jake zog zeitgleich einen nach dem anderen aus dem zweiten Wagen und ließ sie sein Messer spüren. Die Schreie der Verletzten und Sterbenden waren bis hier oben zu hören.

Sally und Jasper schossen unterdessen unermüdlich auf den dritten Wagen, der sich als einziger, rückwärtsfahrend aus dem Staub machen wollte. Aber nach ein paar Metern kam auch er, mit qualmendem Motor, endgültig zum Stehen.

Aber wo war Lucie? In welchem der Wagen wurde sie festgehalten? Oder war sie etwa gar nicht mit dabei?

Bella rannte plötzlich auf dem zweiten Wagen zu, um anscheinend Jake dort zu helfen, während Ahab in die weit geöffnete Tür des ersten Wagens sprang und auf der anderen Seite, einen Gegner fest im Schwitzkasten, im hohen Bogen wieder herausflog. Die zwei kullerten ein paar Meter weit und rangelten, ehe Ahab geschickt sein Messer zog und es ihm bis zum Heft in die Brust rammte.

Auf einmal wurde meine Aufmerksamkeit von einem hohen, eindeutig weiblichen Kreischen abgelenkt. LUCIE! Sie war also doch hier irgendwo?

Am dritten Wagen war ein dunkel gekleideter Kerl gerade dabei, ein schmales, blondes Mädchen weg zu schleppen. Und dabei war er nicht gerade zimperlich.

„Merde“, fluchte Sally neben mir, „Sie zapp’elt zu vi’el, isch kann i‘hn nischt erschie’ßen!“

Lucies Hilfeschreie hatten mittlerweile auch die drei da unten gehört. Leider waren Jake und Bella gerade in einen Nahkampf mit vier Gegnern verwickelt und konnte ihr nicht helfen. Aber Ahab reagierte prompt und stürmte bereits in ihre Richtung. Dabei erledigte er im vorbei rennen noch zwei der Kerle, die dabei waren, auch aus dem dritten Wagen zu kletterten. Innerhalb von ein paar Sekunden, war er fast bei ihr und schoss dem Typen, der sie gerade davon trug, einfach in die Beine. Der ließ sie natürlich auch sofort fallen und stürzte sich schreiend auf den herannahenden Ahab.

Während die beiden kämpften, tat Lucie das, was jeder normale Mensch, mich eingeschlossen, vermutlich auch getan hätte.

Sie rannte.

Und wie sie rannte. Ohne sich umzusehen, sprintete sie wie ein Karnickel, immer wieder Haken schlagend, über den staubigen Boden. Weg vom Geschehen. Ehe Ahab den Typen erledigt hatte, war sie bereits einige Meter von ihm entfernt. Er rief ihr irgendetwas hinterher, aber sie bremste nicht ab, sondern rannte einfach immer weiter. Vermutlich hatte sie es bei dem Höllenlärm, der da unten herrschte auch einfach nicht gehört.

Den Kopf schüttelnd, setzte Ahab also zur Verfolgung an. Bella und Jake hatten inzwischen ihre letzten Gegner erledigt und flitzen ebenfalls in Lucies Richtung. Anscheinend bemerkte sie das, sah es aber als weitere Bedrohung an, schlug einen weiteren Haken und rannte jetzt auf uns zu. Doch wir waren viel zu hoch über dem Geschehen, als das sie uns, also vorrangig ihre Schwester Sally, hätte sehen und erkennen können. Außerdem war der Boden wirklich sehr uneben und sie hielt daher den Blick meist gesenkt, um kleineren Büschen und Felsbrocken geschickt auszuweichen.

Allerdings hatte sie auf die Dauer gegen Ahab keine Chance. Leichtfüßig wie eine Gazelle sprang er mehr, als das er rannte und hatte sie schnell eingeholt.

„Bleib doch stehen“, rief er ihr zu und packte sie rasch am Arm.

Was sie dann auch tat, sich herum drehte und ihm ihre Faust gegen das Kinn schlug. Er schien viel zu perplex gewesen zu sein, um dem Schlag auszuweichen. Allerdings schaffte er es, sie mit beiden Händen an der Hüfte zu packen. Was Lucie aber nicht einfach hinnahm, sondern begann, ihn mit beiden Fäusten auf seiner Brust zu bearbeiten.

Ahab zuckte nicht einmal, drehte sie so herum, dass er sie mit dem Rücken zu sich festhielt und hob sie einfach hoch. Was aber gar nicht so einfach war, denn sie gebärdete sich wie eine Furie und zappelte wild mit Armen und Beinen. Dabei landete sie sogar ein paar Treffer.

„Nom de Dieu!“, fluchte Sally neben mir, schob ihr Gewehr auf den Rücken und setzte sich den Abhang hinab, ebenfalls in Bewegung. Jasper und ich folgten ihr auf dem Fuße. DAS wollten wir um nichts in der Welt verpassen.

Wenn die Lage nicht so ernst gewesen wäre, hätte es durchaus was Komisches an sich gehabt.

Ahab stand wie ein Fels in der Brandung, die zappelnde Lucie fest im Arm und ließ sich stoisch von ihr beschimpfen.

„Lass mich runter du Mistkerl!“, sie versuchte, ihren Ellenbogen in seine Rippen zu schlagen, „wenn ich dich in die Finger bekomme, ramme ich dich ungespitzt in den Boden, du Vollpfosten!“, jetzt probierte sie, ihn gegen seine Schienbeine zu treten, „Und nimm endlich deine verdammte Griffel von mir!“

Jake und Bella standen ein paar Meter weiter und beobachteten, sichtlich amüsiert, die Szene, während Ahab eher immer verzweifelter aussah. Ich verstand auch nicht, warum er sie nicht einfach anders festhielt, so dass sie ihm nicht weiter wehtun konnte. Er hatte doch sicherlich schon blaue Flecken davon getragen und kannte doch gewiss genug Möglichkeiten, einen Gegner unschädlich zu machen, ohne ihn direkt zu töten.

„Lucie, Attentions…“, rief Sally, als wir nur noch ein paar Meter von ihr entfernt waren, doch die ließ gerade wieder einen Wortschwall an Beschimpfungen auf den armen Ahab los und hörte sie deshalb nicht.

Sally blieb leise fluchend stehen. „LuciIIIe!!!“, rief sie dann erneut, diesmal lauter und energischer. Das Zappeln und Schimpfen hörte schlagartig auf.

Und fast unendlich langsam hob Lucie ihren Kopf und schob mit der freien Hand ihre langen, blonden Haare aus dem Gesicht. Die Verwandtschaft der zwei war sofort deutlich zu erkennen, denn auch, wenn sie sicher erst Anfang zwanzig war, hatte sie ähnlich feine Gesichtszüge wie ihre Schwester und dieselben grünen, stechenden Augen.

„Sally?“, fragte sie bestürzt und machte große Augen. „Was machst DU denn hier? Ich dachte, du bist in Paris?“

Ahab setzte sie vorsichtig auf ihre Füße, doch sie machte, sicher vor lauter Verwunderung, keinen Schritt von ihm weg. Im Gegenteil, ihre Hand verkrampfte sich um seinen Arm, der um ihre Taille lag.

„Ich verstehe nicht...“, sie schluckte und Tränen traten in ihre Augen, „was... was... tust du...oh, mein Gott! Und …wie... wie... siehst du denn aus? Warum bitte, hast du eine Waffe? Und wer sind all diese schrecklichen Leute…“ Mit schreckgeweiteten Augen sah sie zu uns und ihrer Schwester.

„Ich nehme an, sie weiß nicht, was du so tust, ähm…beruflich?“, flüsterte ich Sally leise zu.

Sie schüttelte leicht betrübt den Kopf. „Non, isch hab’e sie bis’her immer von dieser We’lt fernge’alten. Sie dach’te bis’er isch bin Le’rerin in Pari‘s…“





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