39 U-Turn
„Isabella…“, Felix Stimme klang plötzlich etwas belegt und er nahm langsam die Hände nach oben.
Ungläubig fuhr ich mich herum. Zuerst erblickte ich nur eine Hand, IHRE HAND, die eine rostbraune Waffe hielt. Dann sah ich völlig geschockt in das Gesicht von Bella. MEINER Bella. Meiner urplötzlich nicht mehr toten Ehefrau…?! Ich stand kurz vor einer ausgewachsenen Ohnmacht und meine Beine drohten mir, ihren Dienst zu verweigern. Erst Felix... dann Bella...
Sie konzentrierte sich völlig auf Felix. Ihre Augen waren zu wütenden Schlitzen verengt und sie starrte an mir vorbei, und fixierte ihn genau.
„Tritt langsam zurück“, knurrte sie leise. Ok, damit meinte sie dann wohl mich, oder? Und ich lies mich nicht zweimal bitten. Meine Erfahrungen mit diesem hirnlosen Gorilla mussten ja nicht unbedingt erweitert werden.
„Be... Bella“, stotterte ich unbeholfen und sah sie dabei mit großen Augen an. Sofort flog ihr Blick zu mir und wurde augenblicklich weich, es wirkte fast, als würden Tränen in ihren Augen schimmern. „Hey, Baby“, flüsterte sie leise.
Ich wusste nicht genau, was ich jetzt tun oder sagen sollte. Himmel, ich wusste nicht einmal, was ich denken sollte. Eben noch saß ich vor ihrem Grab und jetzt stand sie putzmunter neben mir und rettete mir wiedermal den Arsch. Wieso war sie überhaupt am Leben? Wo war sie die ganze Zeit gewesen? Warum hatte sie mich und Jenny alleine gelassen? Hatte Jake das gewusst?
Alle diese Fragen ratterten unaufhörlich und zeitgleich durch mein überlastetes Hirn. Doch raus brachte ich nichts davon…ich war einfach zu überwältigt von der Situation. Mit offenen Mund schnappte ich nach Luft, wie ein Koi-Karpfen, den man auf Landurlaub geschickt hatte.
Plötzlich war ihre Hand an meiner Wange und sie lächelte mich an. „Ich erkläre dir alles, versprochen, aber nicht jetzt, nicht hier, wir haben keine Zeit dazu.“ Sie schien wohl genau erkennen zu können, was in mir los war. Wie immer…meine Bella…
Tränen schossen mir in die Augen. Sie zu sehen, ihre Haut zu spüren, war einfach so überwältigend. Auf der einen Seite freute ich mich natürlich wie von Sinnen, dass sie lebte, aber auf der anderen Seite zerriss es mein Herz vor Schmerz, dass sie überhaupt gegangen war. Ohne uns. Hieß das vielleicht, dass sie mich doch nicht genug geliebt hatte?
„Ich hab dich so vermisst“, flüsterte ich und schloss die Augen.
Einen Moment später spürte ich, wie sie ihre Stirn gegen meine legte. „Ich dich auch Baby, ich dich auch. Du kannst dir nicht vorstellen wie sehr. Euch zu verlassen war das Schwierigste, was ich je getan habe. Glaube mir bitte, denn ich habe es nicht freiwillig getan.“ Ihre Lippen berührten sanft meine. „Ich liebe dich, Edward.“
Bevor ich etwas erwidern konnte, hörte ich hinter mir ein verächtliches Schnauben. „Seid ihr jetzt fertig mit eurer Familienzusammenführung?“
Langsam öffnete ich die Augen wieder, drehte mich herum und sah in das grinsende Gesicht von Felix, der jetzt seine eigene Waffe gezogen hatte und damit auf uns zielte.
„Felix“, knurrte Bella und löste sich von mir. „Ich hätte dir eine Kugel in den Kopf jagen sollen, als ich die Möglichkeit dazu hatte.“
„Vielleicht“, antwortete er und legte abwägend den Kopf schräg. „Hast Du aber nicht und so habe ich das große Vergnügen, Aro mitzuteilen, wo sich sein gefallendes Engelchen aufhält. Da ist mir eine Belohnung gewiss.“
Aro? Gefallendes Engelchen? Was hatte das zu bedeuten? Heiß das, sie war die ganze Zeit nicht bei Aro gewesen? Aber bei wem denn dann? Jake schied ja ebenfalls aus, der saß noch immer hinter Gittern. Gott, er würde ausrasten, wenn er mitbekam, dass sie noch lebte.
„Aber vielleicht ist es das Beste, wenn ich dich gleich zu ihm bringe.“ Er bewegte den Arm mit der Waffe, so dass er jetzt auf mich zielte. „Ich erledige deinen Lover sofort und nehme dich einfach mit.“
„Dein Plan hat einen kleinen Schönheitsfehler“, entgegnete Bella mit einer Stimme, die mir Gänsehaut verursachte. „Denn dazu müsstest du noch am Leben sein.“
Im nächsten Moment peitschten kurz hintereinander drei Schüsse durch die Stille des Friedhofs. Die Vögel, die auf den umliegenden Bäumen gesessen hatten, flogen aufgeregt davon und Felix fiel lautlos nach hinten. Von seinem Kopf war nicht mehr viel übrig.
„Mhmmm“, machte Bella. „Klingt es pervers, wenn ich sage, dass ich das vermisst habe?“ Mit einem kleinen Lächeln sah sie zu mir auf. „Komm, wir müssen uns beeilen.“ Sie streckte ihre kleine Hand nach mir aus und versuchte, mich hinter her zu ziehen.
„Bist du wirklich real?“, fragte ich zaghaft, denn ich war mir nicht wirklich sicher, dass das nicht alles nur ein Traum war. Langsam drehte sie sich wieder zu mir um, steckte ihre Waffe weg und nahm meinen Kopf in ihre Hände. „Ich bin hier und ich werde nur dann wieder gehen, wenn du mich wegschickst. Ich könnte es verstehen, denn ich habe unser gemeinsames Leben zerstören müssen, um deines zu retten. Glaub‘ mir bitte, es war auch für mich nicht einfach...aber wenn du mir nicht verzeihen kannst, werde ich auch das akzeptieren.“ Sie schloss die Augen und ich sah einen Moment auf ihr schmerzverzerrtes Gesicht, ehe ich mich vorbeugte, um sie sanft zu küssen.
„Bella, ich liebe dich und ich bin so froh, dich wiederzuhaben... ich will eigentlich nur wissen, wieso das alles...?“
„Ich werde dir alles erklären, versprochen“, antwortete sie erleichtert. „Aber jetzt müssen wir schnell hier weg. Wir sind hier nicht mehr sicher.“
„Oh“, machte ich. „Klar, wegen der Schüsse. Die Polizei wird bestimmt bald hier sein.“
„Um die Polizei mache ich mir die wenigsten Sorgen“, murmelte sie, während sie mich hinter sich her zog. „Mehr um die andere Seite. Ich bezweifle, dass Felix ganz allein hier war.“
„Aber... aber das sind doch deine eigenen Leute...?“, entgegnete ich sichtlich verwirrt.
„Waren, Baby, dass WAREN meine Leute. Die Sachlage hat sich in der Zwischenzeit etwas geändert. Wir befinden uns mitten in einem Krieg um die Vorherrschaft.“
„Krieg? Aber gegen wen? Oder macht jemand Aro‘s Position streitig?“
„So etwas in der Art“, kam es von Bella. „Genauer gesagt ist es eine Mischung aus Rache und Machtübernahme.“
„Was? Wer? Warum?“, fragte ich perplex. Ich verstand irgendwie nicht, auf was sie hinaus wollte.
Bella blieb kurz stehen und sah mich eindringlich an. „Jake und ich. Gegen Aro und sein Gefolge.“
„WAS…?“, rief ich entsetzt. „Ihr zwei alleine gegen alle anderen? Aber warum? Das ist Wahnsinn, Selbstmord, ihr habt doch gar keine Chance...“
„So ist es aber nun mal. Die Details erkläre ich dir später. Jetzt müssen wir erst einmal deine Familie in Sicherheit bringen.“
Wir hatten bereits die Straße erreicht. Ohne nach links oder rechts zu schauen, rannte Bella hinüber.
„Mein Auto steht da hinten“, merkte ich kurz an und zeigte in die Richtung meines Wagens. Aber sie zog mich energisch, genau in die entgegengesetzte Richtung.
„Wir nehmen besser meinen. Deiner ist bestimmt verwanzt…“, sie deutete auf einen schwarzen Hummer, der ein Stück die Straße runter parkte.
„Aber Jenny und Alice...“
„Sind schon da drin“, sie zog mich unbarmherzig weiter. „Jazz ist grad arbeiten, nehme ich an?“
„Ähh, ja“, antwortete ich abgelenkt. Alice und Jenny waren bereits bei ihr im Auto? Wie das? Hatte sie unser Kind dann also schon gesehen?
„Wo befindet sich deine Mutter?“, fragte sie weiter.
„Esme ist in Brasilien. Wieso?“, antwortete ich verwirrt. Warum wollte sie das wissen?
„Gut“, sie seufzte auf. „Eine Sorge weniger. Die Südamerikaner stehen weiter hinter uns. Ich werde trotzdem veranlassen, dass jemand auf sie Acht gibt.“
„Ist sie etwa in Gefahr?“
„Jeder, der irgendeine Verbindung zu mir hat, ist es. Also auch deine Familie. Denn seit unserer Hochzeit ist deine Familie auch meine Familie. Aro wird alles versuchen, um mich aus der Reserve zu locken. Aber ich werde nicht zulassen, dass er jemandem von euch wehtut.“ Am Ende des Satzes klang ihre Stimme bedrohlich leise. „Und dein Bruder? Ist er zu Hause?“
„Nein“, antwortete ich total überrumpelt, „Er ist mit seiner Frau Rose auf einem seiner Anwesen. Etwas höher am Lake Michigan.“
Was zur Hölle war nur in der Zwischenzeit passiert? Wieso führte sie jetzt Krieg gegen Aro? Und warum wollte er deshalb meine Familie angreifen? Bella hatte doch gar keinen Kontakt mehr zu uns gehabt?
Kurz bevor wir den Hummer erreichten, öffnete sich die Tür und Jake stieg aus. Als ob mich DAS jetzt noch überraschen konnte. Nach Bella plötzlicher Wiederauferstehung. Er sah allerdings ziemlich angespannt aus. „Alles in Ordnung? Ich hab Schüsse gehört? “ Er deutete mit dem Kopf in Richtung des Friedhofes.
„Yeah. War nur etwas, was ich schon längst hätte tun sollen.“
„Felix?“, fragte er und sein Mundwinkel zog sich etwas nach oben.
Bella nickte, zog mich dann neben sich und legte einen Arm um meine Hüfte. Es fühlte sich so toll an. Ich konnte es immer noch kaum glauben.
„Hi Edward“, grinste Jake und gab mir die Hand.
„Müsstest … müsstest du nicht eigentlich im Gefängnis sein?“, stotterte ich perplex. In den letzten zehn Minuten hatte ich mehr Überraschungen erlebt, als in meinem bisherigen Leben.
„An sich schon…“, erwiderte er geheimnisvoll lächelnd. „Aber ich fand, es war mal Zeit für einen Gardinenwechsel. Bedank Dich da bei Sally…ich hab’s schon. Ausgiebig. “
So richtig begriff ich die ganze Lage immer noch nicht. Bella war am Leben und Jake aus dem Knast raus. Wenigstens das hätte ich doch erfahren müssen, oder? Wenn er geflohen war, wovon ich mal stark ausging, denn wegen guter Führung hatten sie ihn bestimmt nicht gehen lassen, hätte doch was davon in den Nachrichten kommen müssen. Oder? Und wer war eigentlich Sally?
„Wie gehen wir weiter vor?“, fragte er jetzt, an Bella gewandt.
„Zuerst holen wir Jazz ab. Dann bringen wir Alice und Jenny ins Versteck zu Sam. Als nächstes holen wir seinen Bruder mit seiner Frau. Danach können wir dann in aller Ruhe unseren Angriff starten, ohne uns Sorgen mache zu müssen, dass sie einen von ihnen als Schutzschild kidnappen.“
„Okay“, nickte Jake. „Dann mal los.“ Er wandte sich um und stieg wieder in den Wagen, während Bellas Hand sich im Rücken meines Shirts verkrampfte.
„Ja, dann mal los…“, sagte sie so leise, dass ich es kaum verstand. Es wirkte fast so, als hätte sie Angst. Aber das war doch eigentlich ein Fremdwort für sie. Gab es vielleicht einen anderen Grund, weswegen sie so nervös war?
Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
„Du hast Jenny noch nicht gesehen, oder?“, fragte ich leise und sah sie an.
Mit feucht schimmernden Augen schüttelte sie den Kopf. Sie hatte tatsächlich eine Mörderangst vor der Begegnung mit ihrer Tochter.
„Hast du überhaupt schon Bilder von ihr gesehen? Klar, du hast uns doch bestimmt die ganze Zeit beobachtet, oder?“
Sie schüttelte abermals den Kopf. „Nein. Ich kenne nur das Bild, was mir Rosalie im Krankenhaus gezeigt hatte.“
Sie hatte keine weiteren Bilder von unserer Tochter gesehen? Hieß das etwa, sie interessierte sich nicht für sie? Ich hatte plötzlich wieder einen dicken Kloß im Hals…
„Dort, wo ich war, hatte ich nicht die Möglichkeiten nach euch zu sehen oder gar Bilder von euch zu bekommen, Edward. Ich habe die letzten fünfzehn Monate in einer Zelle des ADX Florence verbracht. Mutterseelenalleine…und in Sicherheitsverwahrung.“
Sie war im Gefängnis gewesen? Aber wie? Und warum? Es hatte doch gar keinen Prozess gegeben. Sie war doch offiziell tot…
„Aber das erkläre ich dir auch später. Ausführlich, wenn Du willst. Nur, eure Sicherheit hat jetzt gerade oberste Priorität. Und deshalb müssen wir jetzt auch schnell sein. Keine Zeit für lange Erklärungen.“
Mit sanftem Druck zog ich sie in meine Arme und legte mein Kinn auf ihren Kopf.
Sie war eine Mutter, die kurz nach der Geburt ihres ersten Kindes, von ihrer Familie getrennt wurde. Zwangsweise. Und nie die Möglichkeit gehabt hatte, Fotos zu sehen. So was dürfte es doch eigentlich gar nicht geben. War das nicht gegen sämtliche Menschenrechte und gegen unsere Verfassung? Wir lebten doch in einem Rechtsstaat, oder?
„Du warst im Gefängnis und die haben dir keine Bilder von deiner Tochter gezeigt? Und wieso wurdest du dann für tot erklärt? Das macht doch gar keinen Sinn. Und wann wurdest du überhaupt rechtskräftig verurteilt? Mir, als Deinen Ehemann, hätten sie doch Bescheid geben müssen…“ Die Fragen sprudelten einfach so aus mir heraus.
Sie schluckte schwer und schüttelte den Kopf. „Ich war nicht im offiziellen Bereich der Einrichtung, sondern in so was wie dem Kellergeschoss. Da, wo die unter Verschluss gehalten werden, von denen niemand etwas wissen darf. Und dafür war keine Verurteilung notwendig. Du verstehst, wo kein Kläger, da kein Richter…“
„Aber... wie? Und warum?“ Mir wollte es einfach nicht in den Kopf, warum sie sich freiwillig in eine solche Situation begeben hatte. Sie hatte sich ja in einen völlig rechtsfreien Raum begeben. Zu hundert Prozent ausgeliefert. Sie hätte doch wissen müssen, dass ich alles getan hätte, um das zu verhindern. Vorhin hatte sie erwähnt, dass sie es nicht ganz freiwillig getan hatte. Aber wie hatte man sie dazu gebracht? Und vor allem WER?
Plötzlich erinnerte ich mich an eine kleine Bemerkung von ihr:
… ich musste unser gemeinsames Leben zerstören, um deines zu retten...
„Warte“, sagte ich fassungslos und zog meinen Kopf wieder zurück, um sie anzusehen. „Du hast es wegen mir getan? Oder eher wegen Jenny und mir? Damit wir in Sicherheit sind?“
„So in etwa“, erwiderte sie leise und lächelte mich halbherzig an. Aber wir dürfen jetzt keine Zeit mehr verlieren. Wir hängen eh schon im Zeitplan zurück.“
Abrupt drehte sie sich herum und öffnete energisch die Wagentüre. „Hallo Alice!“, hörte ich sie sagen, dann folgte ein leises „Hallo Jenny“.
Unsere Tochter gluckste als Erwiderung und brabbelte irgendwas mit „Tante, Tante“, bevor sie mich entdeckte und laut „Daaddyy“ quietschte.
Wir schlüpften beide schnell in den Wagen und nahmen gegenüber von Alice und Jenny Platz. Noch bevor wir angeschnallt waren, fuhr Jake mit quietschenden Reifen los.
Eine Weile sah Bella Jenny einfach nur an, die unbeeindruckt fröhlich mit ihrer Puppe spielte, und sog förmlich ihre Erscheinung in sich auf. Ich hielt währenddessen ihre Hand und strich beruhigend mit dem Daumen über ihren Handrücken. Wie früher… Auch wenn sie äußerlich vollkommen ruhig wirkte, spürte ich doch ihre innerliche Anspannung. Gerade, weil sie so ruhig war. Sie hatte sich wie immer perfekt unter Kontrolle. Von ihrer Unruhe, die sie außerhalb des Autos noch gezeigt hatte, war hier nichts mehr zu sehen. Sie wirkte vollkommen entspannt.
Für einen kurzen Moment genoss ich es einfach. Es war fast so, als hätte es ihren vorgetäuschten Tod nicht gegeben, als wären wir nie getrennt gewesen.
„Alice“, sprach sie plötzlich mit leicht belegter Stimme. „Kannst du bitte Jazz anrufen und ihn fragen, wo er gerade steckt?“
Meine Schwester nickte und zog ihr Handy aus der Tasche, um dann die Nummer ihres Verlobten zu wählen. Sie schaffte es tatsächlich, mit halbwegs ruhiger Stimme, mit ihm über Belanglosigkeiten zu reden und ihn ganz nebenbei auszufragen, wo er sich genau befand. Und das, obwohl man ihr den Schock auch deutlich ansah. Genau wie mir. Aber anscheinend färbte auch Bellas Ruhe auf sie ab.
Bella gab die gewonnen Informationen an Jake weiter, der dann die angegebene Richtung einschlug. Jasper war mal wieder zu einer Geschwindigkeitskontrolle verdonnert worden. Der Schock über Bellas vermeintlichen Tod, hatte ihm ziemlich zugesetzt, so dass er mehr zum Schreibtischhengst mutiert war, der nur noch in Notfällen raus zum Einsatz fuhr.
Innerhalb von ein paar Minuten hatten wir den Highway erreicht, wo der Polizeiwagen versteckt stand. Ich dankte dem Himmel, dass Jasper heute ausnahmsweise mal einen Einsatz hatte. Ihn direkt aus dem Polizeipräsidium abzuholen, wäre vermutlich komplizierter geworden. Aber auch das hätte Bella und Jake nicht abgeschreckt, das wusste ich.
Sein Kollege und er sahen erstaunt auf den verdunkelten Hummer, der neben ihrem Einsatzwagen zum Stehen kam.
„Ich hole ihn“, kam es von Bella und sie stieg, auf der ihm abgewandten Seite, aus dem Auto.
Durch die getönte Scheibe beobachtete ich, wie sie langsam um den Hummer lief. Plötzlich ging meine Scheibe langsam ein Stück nach unten.
„Ich will hören, was er sagt“, kam es leise von Jake. „Von dir kam ja leider nicht viel, aber vielleicht versohlt ER ihr wenigstens ordentlich den Hintern.“
„Du hast ihr den Hintern versohlt?“, fragte ich, ohne den Blick abzuwenden. Bella war nun fast um das Auto herum.
„Yepp“, erwiderte er. „Was denkst du denn? Mich in dem Glauben zu lassen, sie wäre tot. Und das eine so lange Zeit. Ich wäre fast verrückt geworden. Hab sie übers Knie gelegt. Ist eigentlich ein Wunder, dass sie überhaupt sitzen kann. Mann, ich hätte fast einen Herzkasper bekommen, als mir Sally davon erzählt hat.“
„Herzkasper, Herzkasper“, kam es fröhlich von Jenny, der das Wort anscheinend gefiel. Dann klatschte sie mit ihren Händchen. „Herzkasper!“
Kopfschüttelnd sah ich weiter hinaus. So sehr es auch wehgetan hatte, dass sie uns hatte glauben lassen, dass sie tot sei, die Freude darüber, sie lebend zu sehen, überwog alles.
Bella stellte sich in der Zwischenzeit einfach vor die Motorhaube des Polizeiautos und winkte frech. Während Jaspers Beifahrer nahezu panisch nach dem Funkgerät griff, denn sie war ja offensichtlich bewaffnet, riss Jazz seine Tür auf und stürmte hinaus. Für einen Moment starrte er sie ungläubig an, ehe er sie förmlich umrannte und fest an sich presste, sein Gesicht in ihren Haaren verborgen. War wohl auch nix, mit übers Knie legen…
Seine Schluchzer waren deutlich zu hören. Bella sagte irgendetwas zu ihm, und er löste sich nickend von ihr. Sie griff seine Hand und zog ihn hinter sich her.
„Ja?“, hörte ich plötzlich Jake und sah aus dem Augenwinkel, dass er telefonierte. Seine nächsten Worte waren auf Quileute, so dass ich leider kein Wort verstand, aber es klang trotz allem beunruhigend.
Bella und Jasper waren gerade im Auto angekommen, als er auflegte. Sofort drehte er sich um. „Schlechte Neuigkeiten. Sie haben den Aufenthaltsort deines Schwagers ausfindig gemacht und befinden sich auf dem Weg dahin. Mit deutlichem Vorsprung…“
„Sche... Schmetterlinge“, fluchte Bella laut und bedeutete Jasper sich hinzusetzen. Mit sichtlich verwirrtem und verheultem Gesichtsausdruck ließ er sich neben Alice sinken, die ihm beruhigend über den Arm strich.
„Emmett?“, fragte ich panisch.
Bella nickte langsam, ihr Gesichtsausdruck und ihre Körperhaltung änderten sich schlagartig. Sie war wieder im Killermodus angelangt. „Okay. Jake, ruf‘ Sam an, wir müssen ihm Jenny, Edward, Alice und Jasper übergeben. Und dann machen wir uns direkt auf den Weg dorthin. Ich werde es nicht zulassen, dass sie Emmett und Rosalie bekommen…“
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen