59 Harbinger of Tragedy
EPOV
„Edward“, Bella seufzte leise. „Wir müssen da noch über etwas reden.“ Bella biss sich auf die Unterlippe und sah mich mit undefinierbarem Blick an.
„Klar Süße, über alles was du willst“, ich küsste kurz ihre Lippen und sah sie auffordernd an. Sie senkte den Blick und ein eigenartiges Gefühl machte sich in mir breit. Egal, was sie mir sagen wollte, es schien nicht gut zu sein. Ihr Gesicht sprach Bände.
Sie seufzte, machte aber immer noch keine Anstalten mit mir zu reden. Zärtlich legte ich ihr die Hand an die Wange. „Komm schon Süße, so schlimm kann es doch nicht sein, oder?“ Langsam richtete sie ihren Blick auf mich, ihre Augen erinnerten mich an ein verschrecktes Reh. „Glaube mir, wir können über alles reden. Außer du willst mir jetzt erzählen, dass du schwanger bist.“
Ich kicherte leise, was aber sofort erstarb, als ich den Ausdruck auf ihrem Gesicht sah.
„Scheiße, du bist doch nicht wirklich schwanger?“, rief ich lauter aus als beabsichtigt und nahm meine Hand ruckartig von ihrem Gesicht.
Das KONNTE nicht sein! Das DURFTE nicht sein!
Bella räusperte sich und sprach dann mit leiser Stimme. „Es besteht die Möglichkeit.“
Scheiße! Nein, das ging nicht. Ein Kind? Jetzt? Auf gar keinen Fall. Wir waren doch noch viel zu jung, ich wollte mein Leben noch genießen…mit Bella…und keinen verkackten Kinderpopo abwischen.
„Wie konnte denn das passieren!“, schrie ich schon fast.
Bella zuckte ein wenig zusammen, kniff dann aber die Augen zusammen. „Muss ich dir jetzt wirklich erklären, WIE man eine Frau schwängert?“
Ich stand vom Bett auf und begann hin und her zu tigern. Tausende Gedanken rasten durch meinen Kopf.
Ich bin doch noch nicht mit der Schule fertig. Wie soll das funktionieren? Und College konnte ich dann auch vergessen.
„Wie weit?“, fragte ich, ohne auf ihre Antwort einzugehen.
„So siebente Woche“, gab sie leise zurück.
Dann musste es um Silvester passiert sein. Vielleicht hat sie was nicht vertragen. Oder zu viel Alkohol getrunken.
„Mhmm“, machte ich und wanderte weiter auf und ab.
Das hieß der Geburtstermin würde Ende September sein. Dann wäre sie im Sommer schon im sechsten Monat. Ich konnte sie aber doch nicht mit einem dicken Bauch heiraten.
Verdammte Scheiße.
„Hast du die Pille heimlich abgesetzt?“, fragte ich sie barsch.
„Nein, natürlich nicht!“, gab sie aufgebracht zurück. „Spinnst du jetzt? Denkst du, ich würde ein Kind während der Schulzeit wollen? Für was hältst du mich denn? Ich habe sie immer genommen, ich weiß auch nicht, wie das passieren konnte!“
„Du hättest es mir sagen müssen, wenn etwas nicht stimmt. Bella, du hättest besser aufpassen müssen!“
„Wie bitte? Ich sollte besser aufpassen? Dazu gehören immer noch zwei, Edward! Und brauchst du es irgendwie schriftlich, oder so? ICH HABE DIE VERDAMMTE PILLE GENOMMEN. JEDEN TAG!“ Sie brüllte und zog wütend ihre Augenbrauen zusammen.
„Dann dürftest du jetzt aber auch nicht schwanger sein!“
Sie warf die Arme in die Luft. „Selbst die Pille ist nicht zu 100 Prozent sicher, hast du in Bio nicht zugehört? Und ich habe gesagt, es besteht die Möglichkeit. Ich war noch nicht bei einem Arzt.“
„Du warst noch nicht beim Arzt? Warum denn nicht? Bei so was braucht man doch Sicherheit!“ Ich war inzwischen stehen geblieben und stand direkt vor ihr.
„ICH dachte, dass du vielleicht mitkommen wollen würdest!“
„Ich? Wieso denn das?“
Bella verdrehte die Augen. „Weil es vielleicht dein Kind ist?“
Irgendwie setzte in diesem Moment mein Verstand aus. Das Wort „vielleicht“ ließ mich rot sehen.
„Vielleicht? Heißt das, du weißt nicht, ob es mein Kind ist?“
„Hast du jetzt komplett den Verstand verloren? So habe ich das doch gar nicht gemeint! Natürlich bist du der Vater.“
„Sicher?“
„Sicher! Wer sollte es denn sonst sein?“
Ich zuckte mit den Schultern. „Jake vielleicht?“
Einen Augenblick stand ihr einfach nur der Mund offen. „Was ist denn mit dir los, Edward? Jake und ich sind nur Freunde, ich dachte, das hättest du begriffen!“
Ich schnaubte verächtlich. Sie konnte mir ja viel erzählen.
„Edward“, sie war auf einmal ruhig. „Ich bin dir die ganze Zeit treu gewesen, selbst als wir getrennt waren! Weißt du, wie weh mir dein Vorwurf tut?“
„Du willst mir erzählen, dass du in den drei Monaten keinen anderen gehabt hast? Was ist mit diesem Barkeeper?“
„Barkeeper? Was für ein Barkeeper?“
„Na der von der Party in Port Angeles, der sonst im Bowlingcenter arbeitet.“
„Chris?“, gab sie verdutzt zurück. „Der könnte mein Vater sein. Willst du mir jetzt mit jedem Mann, den ich kenne was andichten? Als nächstes kommst du mir dann mit Newton, oder was? Weil ich ja bei seiner Familie im Laden arbeite.“
„Wer weiß?“, konterte ich. „Drei Monate sind eine lange Zeit.“
Plötzlich huschte Erkenntnis über ihr Gesicht. „Du hast in der Zeit andere gehabt, stimmts?“
„Öhmm“, ich fühlte mich plötzlich unwohl in meiner Haut. „Ich habe mit Tanya geschlafen, aber ich wüsste nicht, was das für eine Rolle spielt. Hier geht es ganz allein um dich.“
„Was das für eine Rolle spielt?“, sie schnaubte. „Ich habe dir vertraut, du hast gesagt, dass du mich liebst, und nicht vergessen konntest, aber hast trotzdem mit einer anderen geschlafen? Und jetzt kommst du mir mit Vorwürfen, dass ich fremdgegangen wäre? Das ist doch wohl das Allerletzte!“
„Das eine hat doch mit dem anderen nichts zu tun!“
„Und ob!“ Bella stand auf und tippte mit dem Finger auf meine Brust. „Denn es geht um uns, um unsere Beziehung. Denn anscheinend vertraust du mir nicht. Und das kann keine Basis für eine vernünftige Beziehung, geschweige denn für eine Ehe sein!“ Sie wedelte mit ihrem Ring vor meiner Nase herum. „Und erst recht nicht für eine Familie.“ Tränen begannen ihre Wangen herab zu laufen. „Bring mich nach Hause, Edward“, fügte sie mit eigenartig kalter Stimme hinzu.
„A.. aber“, fing ich an.
„Ich möchte bitte nach Hause, Edward!“
Schweigend zogen wir uns an und ich fuhr sie nach Hause. Während der ganzen Fahrt sagte sie keinen Ton. Als ich anhielt, murmelte sie ein „ich rufe dich an“, ehe sie ausstieg und ohne sich umzudrehen im Haus verschwand.
Ich fuhr eine Weile lang mit dem Auto hin und her, um nachzudenken. Letztendlich landete ich auf der Lichtung, wo ich nach ihrem Sturz zuletzt gewesen war. Es war schweinekalt, aber ich setzte mich trotzdem auf einen Baumstumpf und dachte nach.
Ein Baby.
Nächtliches Geschrei.
Windeln wechseln.
Ein kleines süßes Bella-und-Edward-Baby.
Wenn es ein Junge werden würde, hätte es vermutlich meine wilden Haare, ein Mädchen eher Bellas wundervolle Locken.
Ich könnte bei der Geburt dabei sein. Der erste sein, der das kleine Geschöpf in den Armen halten würde.
Schon vor der Geburt würde ich dem Baby was erzählen und natürlich jeden Abend Bellas Bauch eincremen.
Je mehr ich darüber nachdachte, umso angenehmer wurden die Gedanken, hatten plötzlich gar nichts beängstigendes mehr.
Ein Baby.
Als Zeichen unserer Liebe.
Es würde sicherlich wundervoll werden.
Wenn ich nicht so ein Arsch wäre.
In Bellas Augen muss es ja ausgesehen haben, als wäre ein Baby für mich das Schlimmste, was passieren könnte.
Einerseits war es ja auch gerade unpassend, aber gab es dafür überhaupt den richtigen Zeitpunkt? Sollte man es nicht einfach annehmen und glücklich sein? Mein Vater würde mir bestimmt gehörig den Kopf waschen. Ganz zu schweigen von Chief Swan, der mich vermutlich am liebsten erschießen würde.
Aber andererseits...
Es wäre ein Teil von uns.
Wenn aus Liebe Leben wird, erhält das Glück einen Namen...
Wir wären eine richtige kleine Familie. Die Hochzeit könnte man ja auch vorziehen, wir waren beide 18. Und meine Eltern würden sowieso darauf bestehen, dass ich sie ehelichte.
Emmett wäre bestimmt auch begeistert. Alice sowieso. Einer mehr, denn sie einkleiden könnte.
Und ich?
Tief in mir drinnen freute ich mich ja auch irgendwie, aber bisher war Schwangerschaft ein No Go für mich gewesen. Seit dem Desaster mit Tanya, die ja Gott sei Dank nicht schwanger gewesen war, hatte ich akribisch auf Verhütung geachtet. Bella war die Erste – und Einzige – mit der ich ohne Kondom schlief. Es fühlte sich einfach besser an für uns beide und ich war ja davon überzeugt, dass auf die Pille Verlass wäre.
Scheiße.
Ich wurde Vater.
Das hätte mir mal einer vor 18 Monaten sagen sollen, ich hätte lauthals gelacht. Aber Bella hatte es geschafft, mein ganzes Leben auf den Kopf zu stellen. Mir zu zeigen, wie schön sich Liebe anfühlte.
Und ich?
Vorhin hatte ich mich richtig mies ihr gegenüber verhalten und ihr haltlose und unberechtigte Vorwürfe gemacht. Wie war ich bloß auf solch einen Scheiß gekommen?
Weil ich ein verdammter Idiot war...
Fuck, ich war ja komplett ausgetickt.
Natürlich vertraute ich ihr. Aber ein Kind... Ich war so geschockt, dass bei mir wohl das Denken versagte. Ich dachte an ihr enttäuschtes und ungläubiges Gesicht.
Oh mein Gott! Ich hatte ihr sehr wehgetan, es würde bestimmt nicht leicht werden, sie davon zu überzeugen, dass ich es nicht so gemeint hatte. Das ich mich auch freute, und das wir das schon irgendwie zusammen packen würden.
Sie könnte sich ja auch um das Kind kümmern, während ich studierte. Und später könnten wir uns jemanden zur Kinderbetreuung suchen, damit sie ebenfalls studieren könnte. Wenn wir alle in einem Haus wohnen würden, wäre bestimmt auch immer jemand bereit auf das Baby aufzupassen.
Mist, verdammter!
Ich musste so schnell wie möglich zu ihr, mich entschuldigen. Und dann ab mit ihr zu einem Arzt. Am besten heute noch.
Könnte Carlisle nicht?
Aber vor dem würde sie sich vielleicht nicht ausziehen wollen. Immerhin war das mein Dad.
Ich kramte in meiner Tasche nach meinem Handy, es wäre vielleicht auch ganz gut, sie vorher anzurufen. Allerdings musste ich feststellen, dass ich es nicht bei mir hatte.
Wahrscheinlich hatte ich es im Auto liegen lassen.
Schnell lief ich zum Auto zurück und nahm mein Handy aus der Mittelkonsole.
Fünf verpasste Anrufe.
Alle von Alice.
Ich wählte ihre Nummer, während ich mich anschnallte und den Motor startete.
„Komm sofort nach Hause“, rief sie ins Telefon und legte auf, bevor ich etwas erwidern konnte.
Verdammt, anscheinend war irgendetwas passiert.
Mit quietschenden Reifen hielt ich in unserer Einfahrt und stürmte ins Haus. Meine Familie war im Wohnzimmer versammelt. Alice saß bei Jasper auf dem Schoss und ihre Augen sahen aus, als hätte sie geweint.
„Was ist passiert?“
Hoffentlich war keiner gestorben, ich hasste Beerdigungen...
„Das muss ich wohl eher dich fragen“, schniefte Alice. „Was hast du mit Bella gemacht?“
„Bella war hier?“
Sie schüttelte den Kopf. „Ich war kurz bei ihr, sie war fix und fertig. Was hast du mit ihr angestellt?“
„Ich...“, meine Finger strichen durch meine Haare. „Wir haben uns gestritten.“
Sie zog eine Augenbraue hoch. „Weswegen?“
Seufzend nahm ich all meinen Mut zusammen. Sie würden es ja doch eh alle erfahren.
„Bella ist wahrscheinlich schwanger.“
Esme hielt sich erschrocken die Hand vor den Mund, Alice starrte mich einfach nur an, während Carlisle und Jasper scharf die Luft einsogen.
„Bevor jetzt einer was sagt“, fuhr ich fort. „Wir haben verhütet. Aber anscheinend fällt sie unter den einen Prozent, bei dem die Pille versagt.“
„Was hast du dazu gesagt?“, fragte mich Alice tonlos. Als ob ich ihr das sagen müsste, sie kannte meine Ansichten zu Kindern. Meine alten Ansichten. „Du hast ihr Vorwürfe gemacht, oder? Gesagt, dass das für dich nicht in Frage kommt.“
Ich wackelte mit dem Kopf und nickte dann langsam.
„Aber ich werde nochmal mit ihr reden. Wir werden das schon irgendwie schaffen. Die Hochzeit kann ja auch vorgezogen werden.“
„Hochzeit?“, kam es von Esme.
„Ja“, ich seufzte. „Ich habe ihr gestern Abend einen Antrag gemacht. Bevor ich von der Schwangerschaft wusste.“ Ihr huschte ein kleines Lächeln über das Gesicht.
„Bevor du zu ihr gehst, solltest du vielleicht das hier lesen.“ Alice hielt mir ein Stück zusammengefaltetes Papier entgegen. „Bella hat es mir gegeben.“ Ihre Stimme brach beim letzten Satz und ich sah sie verwundert an. Ihre ganze Haltung drückte unendliche Trauer aus, aber ich wusste nicht weswegen.
Langsam nahm ich das Blatt Papier und faltete es auseinander. Es war eng mit Bellas unverkennbarer Handschrift beschrieben.
Edward...
Ich weiß, dass du mich liebst, und ich hoffe du weißt, wie sehr ich dich liebe.
Aber wenn du diese Zeilen liest, werde ich Forks den Rücken gekehrt haben.
Und ich werde nicht wieder zurückkehren.
Ich werde den Kontakt zu deiner gesamten Familie abbrechen.
Es wird sein, als hätte es mich nie gegeben.
Deine Reaktion heute Morgen hat mir gezeigt, dass wie beide ganz verschiedene Ansichten vom Leben und von einer Beziehung haben.
Dass du mir offensichtlich nicht vertraust, hat mir unbeschreiblich wehgetan. Aber nicht so sehr, wie die Lüge über unsere Trennungszeit. Du hast mir ständig versichert, dass ich immer die Einzige für dich gewesen bin. Wärst du von Anfang an ehrlich gewesen, hätte ich auch kein Problem damit gehabt. Oder nur ein kleines.
Aber es mir zu verheimlichen, und mir dann den Vorwurf des Betruges zu machen...
Vielleicht ist es vom Schicksal einfach nicht gewollt, dass wir beide zusammen sind.
Vielleicht war mein Gedächtnisverlust ein Zeichen.
Im Endeffekt haben wir die meiste Zeit unserer Beziehung damit verbracht, die Scherben irgendeiner Katastrophe zusammen zu kehren.
Ich danke dir für die schöne Zeit, ich werde sie auf ewig in meinem Herzen behalten.
Lass dein Herz weiter wandern, irgendwo da draußen wird es die Richtige für dich geben.
Sag deiner Familie, dass es mir leid tut, und dass ich sie alle liebe.
Bella
Ich sank auf die Knie und starrte perplex auf das Blatt Papier in meinen Händen. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals.
„Sie geht fort, nicht wahr?“, schluchzte Alice und ich nickte abwesend.
Sie sprang auf und warf sich um meinen Hals. „Ich hatte es geahnt. Als ich ging, sagte sie zu mir, dass sie mich liebt, und ich auf mich aufpassen soll.“
Ich schloss sie Arme um ihren zitternden Körper und ihre Schluchzer vermischten sich mit meinen.
Das Lied zum Chap „Roslyn“ aus dem New Moon Soundtrack ....
http://www.youtube.com/watch?v=7hBAU-DLu8o
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