26 Bye bye
EPOV
Entschlossen machte ich mich auf den Weg zur Honeymoon suite. Wie Tanya auf die blöde Idee gekommen war, genau diese Suite zu nehmen, war mir ein Rätsel. Aber vermutlich war sie einfach die Größte. Oder eher die Teuerste. Oder sogar beides..
Innerhalb von ein paar Minuten stand ich vor den rosa Doppeltüren der Suite.
Na wenigsten lief man hier nicht Gefahr, der Braut beim „Über-die-Schwelle-tragen“ den Kopf an den Türrahmen zu knallen...
Ohne zu klopfen trat ich ein. Lag wohl doch in der Familie...
Tanya kam gleich auf mich zugestürzt.
„Eddy“, sie sah verwirrt aus. „Du trägst ja gar nicht die Sachen, die ich dir geschickt habe!“ Schmollend schob sie die Unterlippe vor.
Bei Bella hätte das bestimmt süß ausgesehen, aber Tanya sah dann einfach aus, wie eine Pute kurz vorm Schlachten.
„Alice hatte mir schon was vorbei gebracht“, antwortete ich kühl.
„Mhmm, naja, ich finde ja, das fliederfarbene Hemd hätte dir besser gestanden“, beleidigt drehte sie sich herum und setzte sich pikiert auf die Couch. Dabei schimpfte sie immer weiter vor sich hin.
In diesem Moment wünschte ich mir nichts sehnlicher herbei, als Bellas Sigi. Aber Blutflecken würden aus der hellen Couch bestimmt nicht wieder rausgehen.
„Der Frisör kommt in einer Viertelstunde. Den Pressetermin habe ich auf 18 Uhr gelegt.“ Sie sah mich nicht an beim Sprechen, sondern betrachtete eingehend ihre Fingernägel.
Scheiße, wie hatte ich das nur jemals mit ihr ausgehalten? Sie war wirklich ätzend... ehrlich...
Ich hatte ja vor meiner Entführung wirklich vorgehabt, sie zu heiraten. Zwar nur wegen meinem Vater, aber das war ja Nebensache. Fakt war, ich hatte dem zugestimmt. Ohne Gegenwehr.
Wie hatte ich mich nur darauf einlassen können? Abgesehen davon, dass ich ihr gegenüber keine Gefühle hegte, war sie eigentlich unerträglich.
„Tanya, wir müssen reden“, sagte ich und ließ mich in den gegenüber stehenden Sessel fallen.
„Worüber?“
„Über uns“, entgegnete ich, lehnte mich nach vorne und stütze meine Ellenbogen auf meinen Knien ab.
„Uns?“, sie schien einen Moment verwirrt. „Oh. Du hast bestimmt Angst, dass ich die Verlobung lösen könnte. Aber das brauchst du nicht, Darling.“
Sie lächelte.
Und ich war viel zu baff, um etwas zu erwidern.
Angst, dass SIE die Verlobung löste? ICH? Hatte sie irgendwie schlechte Erdbeeren geraucht oder so?
„Ich gebe ja zu, dass ich darüber nachgedacht habe“, sie strich sich eine imaginäre Fussel von ihrem Rock. „Ich meine, du warst eine Geisel! Wer weiß, was die da mit dir angestellt haben! Du könntest dir sonst welche Krankheiten eingefangen haben. Ich muss ja an meinen Ruf denken, oder?“
Ich sah sie einfach nur total verwirrt an. Anstatt sich um mich – wie es von ihr, als zukünftige Ehefrau, eigentlich erwartet wurde – Sorgen zu machen, machte sie sich Gedanken über ihren Ruf. Wieder ein Punkt, der ihr noch weniger Sympathie meinerseits einbrachte.
Wie konnte man nur so oberflächig sein?
Sie war wirklich das komplette Gegenteil von Bella. Sie hatte mich noch nicht einmal gefragt, wie es mir denn ging, oder mir gezeigt, dass sie mich vermisst hatte. Bella hätte mir wahrscheinlich den Verstand weg geknutscht. Abgesehen davon, dass sie mich höchstpersönlich befreit hatte. Tanya würde sich vermutlich bei dem Versuch, eine Waffe anzuheben, einen ihrer perfekt manikürten drei Zentimeter Nägel abbrechen.
„Aber andererseits... schafft es natürlich auch eine Menge Publicity. Ich wurde ständig gefragt, wie es mir denn geht, wie ich denn klar komme. Es war ja nicht klar, ob du jemals wiederkommen würdest.“ Theatralisch warf sie die Arme in die Luft. „Auf jeder Party war ich diejenige, über die geredet wurde. Also an sich hatte es alles wirklich was Gutes.“
So wie sich das anhörte, ist wohl doch durchgesickert, dass ich nicht krank war...
„Und auch weiterhin wird es uns viel Aufmerksamkeit bescheren. Ich sehe schon die Schlagzeilen vor mir... Familienidylle nach überstandener Geiselhaft.... Traumhochzeit nach Trauma.... Babyglück für Entführungsopfer...“ Verzückt klatschte sie in die Hände. „Glaube mir Edward, dass wird so großartig! Du und ich, wir kommen ganz groß raus. Ein Baby bekommen wir auch irgendwie hin, darauf kann ja dann eine Nanny aufpassen.“
Sie strahlte mich förmlich an. „Na, was sagst du dazu?“
„Naja“, setzte ich an, „Ich meinte etwas ganz anderes.“
„Was denn?“, fragte sie neugierig. Immer noch strahlend.
„Ich will die Verlobung auflösen!“
„Du willst was?“ Ihr Gesicht fiel in sich zusammen. „Aber warum? Wir zwei könnten es bis an die Spitze der High-Society schaffen! Das kannst du doch nicht einfach so wegwerfen!“
„Doch. Genau das will und werde ich tun!“ Langsam lehnte ich mich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
Ich hätte das schon vor langer Zeit tun, oder besser nie darauf eingehen sollen...
„Aber, aber Eddy!“, schluchzte sie. „Magst du mich denn gar nicht mehr?“ Ihre Stimme schraubte sich dabei in ungewohnte Höhen.
I don’t want you – I never did....
„Tanya”, erwiderte ich seufzend. „Das zwischen uns war von Anfang an eine arrangierte Sache. Mehr nicht. Ich habe der Verlobung nur zugestimmt, um mich bei meinem Vater einzuschmeicheln.“
„Aber... aber Eddy, ich dachte, das zwischen uns sei was ganz Besonderes!“
Besonders blöde vielleicht...
„Tanya, ehrlich...“
I don’t love you – I never did...
“Von meiner Seite aus, waren da nie wirklich Gefühle im Spiel. Ich dachte eigentlich, dir wäre das klar.“ Ihrem Gesicht nach zu urteilen, schien das nicht so zu sein. Schade aber auch.
„Eddy, aber ich meine, wir waren doch so glücklich! Wir haben uns sogar extra für einander unsere Jungfräulichkeit bewahrt!“ Sie sah mich mit ihren großen Augen an. Es würde nicht lange dauern, bis Tränen flossen.
Dicke Tränen. Ich hoffte bloß, ihr verdammter Mascara war wasserfest.
Ich setzte ein fieses Grinsen auf.
Mal sehen, ob sie es checken würde...
Als sie mich nach zwei Minuten immer noch anstarrte, wie eine Kuh, wenn es donnert, beschloss ich, es ihr einfach zu sagen.
Anscheinend war sie noch begriffsstutziger als Jasper. Oder ich. Hätte nicht gedacht, dass das geht.
„Tanya, du bist der Einzige von uns beiden, der noch Jungfrau ist.“
Es war herrlich, ihr Gesicht zu beobachten.
Es dauerte einen Augenblick, bis das Gesagte zu ihr durchsickerte. Ihre Gesichtszüge entglitten plötzlich völlig.
„Du hast mit einer anderen Frau geschlafen?“
Einer? Schätzchen, hunderte... naja, vielleicht nicht ganz...aber deutlich mehr als eine...
„Ich bin seit meinem vierzehnten Geburtstag keine Jungfrau mehr.“
„Was?!“, rief sie aus und ihr Unterkiefer klappte runter.
„Yepp. Alice hatte doch damals dieses Kindermädchen. Bethy. Boah, das war vielleicht ein heißer Feger, lange dunkle Haare, fast schwarze Augen. Ich hab nicht schlecht gestaunt, als sie mitten in der Nacht, halbnackt in meinem Zimmer stand.“
„Du hattest Sex mit einer Angestellten?“, schrie sie fast.
War ja klar, dass sie DER Fakt am meisten aufregen würde. Wenn ich mit irgendeiner reichen Tussi gevögelt hätte, wäre es vermutlich wieder gut gewesen... bringt ja Sympathiepunkte bei der Presse...
„Das ist ja widerlich, Edward!“
Oh, jetzt waren wir wieder bei meinem vollen Namen angelangt. Gott sei Dank! Nach fast sieben Jahren endlich kein 'Eddy' mehr...
„Also ich fand es eigentlich sehr schön“, erwiderte ich und grinste. „Sehr... befriedigend sozusagen.“
Ihr Gesicht nahm eine ziemlich komische, rote Farbe an. „Du bist so ein... Schwein! Auch wenn es nur einmal war, dachtest du, ich würde darüber einfach hinwegsehen?“
„Wer hat was von einmal gesagt?“, erwiderte ich leise kichernd.
Sie wurde noch röter. Himmel machte das Spaß! Wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich das doch schon viel eher getan...
„Du hast mehrmals mit diesem Pöbel geschlafen?“ Entsetzt riss sie die Augen weit auf.
„Yupp. Und nicht nur mit Bethy. Ich hatte seitdem sehr regelmäßig Sex. Mit wechselnden Partnerinnen. Erinnerst du dich an den Abend vor meiner Entführung? Da hab ich während unseres Essens, hinten mit der Kellnerin gepoppt.“
Das diese Tatsache die Grundlage für meine Entführung war, musste ich ihr ja nicht auf die Nase binden. Und wenn man mich fragen würde, ich täte es ohne zu zögern immer wieder. Alleine schon wegen Bella.
Wutentbrannt sprang sie auf. „Das wird ein Nachspiel haben, Edward! Ich lasse mich doch nicht von einem solchen... einem solchen... Arschloch wie dir vorführen!“ Dann stürmte sie an mir vorbei aus der Suite.
Erleichtert seufzte ich auf.
Kapitel Tanya beendet. Vorerst. Denn meinen Eltern würde ich es auch noch beibringen müssen.
Irgendwie.
Und die würden nicht gerade begeistert sein.
Ein paar Sekunden, nachdem Tanya gegangen war, wurde hinter mir die Tür erneut geöffnet.
Scheiße, hoffentlich kam sie nicht zurück und flehte mich an, sie doch noch wieder zu nehmen.
„Alter, was hast du denn mit der Schlunze angestellt“, hörte ich die Stimme meines Bruders und kurz danach saß er mir gegenüber. Rosalie setzte sich neben ihn. Jasper auf den Sessel und Alice auf seinen Schoß. Die Beiden strahlten sich total verliebt an.
Heilige Scheiße... jetzt wusste ich, wie Jazz sich in Bellas und meiner Gegenwart gefühlt hat.
„Ich hab Schluss gemacht.“
„Wie Schluss?“ Emmett sah verwirrt aus. „So richtig? Entlobt und den Scheiß?“
„Yepp“, nickte ich.
„Das wird Bella gefallen“, nuschelte Jasper in seinen nicht vorhandenen Bart. Dabei sah er nicht einmal von Alice weg, sondern grinste selig.
„Fuck, Jazz! Hast du irgendwas gesoffen oder so? Hast du dich auf dem Klo mit Drogen vollgepumpt? Du laberst heute eine Scheiße, ehrlich!“
„Wer ist Bella?“, fragte Emmett. Natürlich. Und Rosalie sah mich ebenfalls sehr interessiert an. Nur Alice ausnahmsweise nicht, denn die war ja in die Augen von Mr.-ich-kann-meine-Klappe-nicht-halten versunken. Der Arsch.
„Niemand“, knurrte ich und strich mir unwillkürlich über das Lederband meiner Uhr, das mein Tattoo verbarg.
„Eine von deinen ‚Freundinnen’?“ Emmett malte Gänsefüßchen in die Luft.
„Nee...“, setzte Jasper an, aber ich unterbrach ihn rasch.
„JASPER WHITLOCK! Halt endlich deine Klappe. Sonst werde ich persönlich dafür sorgen, dass du ordentlich abkotzt. WIRKLICH ordentlich abkotzt, klar!“ Und wenn ich mir dafür in den Finger schneiden musste. Das wäre es mir wert. Der Verräter. Mir erzählt er, ich soll die Klappe halten und selber singt er wie ein Kanarienvogel. Alte Petze..!
Ich sah ihn drohend an, und der Herr schaffte es tatsächlich mal, die Augen von meiner liebreizenden Schwester zu lösen und mich ängstlich anzustarren.
„O...okay“, stotterte er und versuchte sich an einem versöhnlichen Lächeln.
„Jazzi…“, flötete Alice. “Sag es uns. Wer ist Bella? Mhmm?“ Langsam strich sie mit dem Finger an seinem Kinn entlang.
„Ich... ich kann nicht“, sein Blick ging hektisch zwischen mir und ihr hin und her. „Er kennt meine Schwachstelle.“
Gott sei Dank kamen in diesem Moment meine Eltern durch die Tür und unterbrachen das Verhör.
Innerhalb einer Nanosekunde saß Alice auch nicht mehr auf Jaspers Schoß, sondern auf der Lehne des Sessels. Allerdings lag ihr Arm immer noch auf seiner Schulter. Aber Alice hatte Glück, dass die Aufmerksamkeit meiner Mutter heute ganz auf mir lag.
„Edward“, rief meine Mum. Ich stand auf und nahm sie in den Arm. Tränen strömten über ihr Gesicht. „Ich.. ich bin so froh, dass du wieder da bist!“, schluchzte sie haltlos und vergrub ihr Gesicht an meiner Schulter.
Mein Vater legte seine Hand auf meine Schulter. „Es ist gut dich zu sehen, Sohn“, nickte er mir zu.
In dem Augenblick wurde mir wieder bewusst, was meine Familie eigentlich in den letzten Wochen durchgemacht haben musste. Sie wussten ja eigentlich überhaupt nicht, wo ich war, wie es mir ging und ob ich anständig behandelt wurde.
Esme trat einen kleinen Schritt zurück und nahm mein Gesicht in ihre Hände.
„Ich habe mir solche Sorgen gemacht. Geht es dir gut? Brauchst du irgendwas?“
Langsam schüttelte ich den Kopf.
Erleichtert atmete sie auf und ließ ihren Blick über mich streifen.
„Du... siehst gut aus. Haben sie dich anständig behandelt?“
Ich blickte kurz zu Jazz, der mich beschwörend anblickte. Typisch, kaum war er nicht mehr in die Augen von Alice versunken, ließ er wieder den Bullen raushängen.
Petze…
„Es war okay, Mum. Es... es hätte mich wirklich schlimmer treffen können“, lächelte ich sie halbherzig an. Denn so sehr ich mich auch freute, wieder bei meiner Familie zu sein... Die Ungewissheit, was Bella gerade tat, wo sie war... zerriss mir mein Herz.
Esme deutete den gequälten Ausdruck natürlich anders.
„Jetzt bist du ja in Sicherheit!“ Sie zog meinen Kopf herunter und gab mir einen Kuss auf die Stirn. „Dein Vater hat die Sicherheitsvorkehrungen erhöht. Es wird nicht noch einmal vorkommen, dass jemand in unser Haus eindringt. Und zur Verarbeitung deiner... Erfahrung.. ich kenne da einen guten Psychologen, der dir gewiss helfen kann.“
„Mum...“, warf ich ein, doch sie unterbrach mich.
„Keine Widerrede! Es kann dir nur helfen!“
Seufzend nickte ich. Hatte ja doch keinen Zweck sich zu wehren. Ich musste ja das arme Entführungsopfer spielen. Scheiße. Ich hatte noch keine Ahnung, wie ich das anstellen sollte.
Esme ließ meinen Kopf los und starrte neugierig in Jaspers Richtung. „Wer ist das?“
„Sergeant Jasper Whitlock, Ma'm“, er erhob sich und reichte ihr die Hand. „Ich war undercover bei den Volturis eingeschleust.“
„Sie sind der junge Mann, der unseren Sohn da raus geholt hat?“, kam es jetzt von meinem Vater, woraufhin er nickte und Esme ihn in die Arme schloss.
„Danke“, schluchzte sie, „Danke, dass sie meinen Sohn gerettet haben. Ich bin Ihnen auf ewig zu Dank verpflichtet. Wenn es irgendwas gibt, was wir für sie tun können, scheuen Sie sich nicht, uns zu fragen!“
„Vielleicht kann ich eine Beförderung arrangieren“, warf mein Vater ein.
Ich glaube, Alice hat da eine bessere Idee…
Kurz schielte ich zu meiner Schwester, die zufrieden lächelte. Gegen diesen Schwiegersohn würde mein Vater bestimmt keine Einwände haben....
Der zukünftige Schwiegersohn in Spe schleimte sich gerade bei seiner Schwiegermutter ein, indem er mit ihr um die Wette schluchzte.
„Wo ist eigentlich Tanya?“, meldete sich schon wieder mein Vater zu Wort.
Verdammt, seit wann redete der so viel und war so aufmerksam?
„Äh...“, begann ich, aber Alice kam mir zuvor.
„Die heult sich gerade irgendwo die Augen aus. Edward hat nämlich das einzige Vernünftige getan und sich endlich von ihr getrennt. Kannst du dir vorstellen, dass sie ihm ein fliederfarbenes Hemd anziehen wollte? Und das bei seiner Haarfarbe! Er hätte sich doch zum Affen gemacht!“
„Du hast dich von Tanya getrennt?“, rief meine Mutter überrascht aus und löste sich von Jasper, der dann sofort bei Alice an der Schulter weiterschluchzte. Wobei ich den Verdacht hatte, dass er bloß versuchte, ihre weiße Bluse zu durchweichen.
Sie legte die Hände an meine Oberarme. „Das war bestimmt bloß der Schock. Eine Kurzschlussreaktion. Ich werde mit ihr reden, dass bekommen wir schon wieder hin.“ Aufmunternd klopfte sie mir auf die Wange.
Mütter…
Na, das konnte ja noch was werden...
Sorry ich kann gerade an nichts anderes denken als das ich Edward entjungern durfte! DANKE DAFÜR!! (Damit hast du dir auch fast einen Gastauftritt verdient, lol)
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